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Ein Architekt, der für den Auftraggeber eine Skontoklausel für Bauverträge entwirft, verstößt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. BGH, Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 190/22

BGH, Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 190/22

Vorgeschichte

In dem Rechtsstreit ging es darum, dass die Bauherrin einen Architekten mit Leistungen der Leistungsphasen 1 - 8 beauftragt hatte. Der Architekt hatte der Bauherrin unter anderem einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel zur Verfügung gestellt, den die Bauherrin bei der Beauftragung von bauausführenden Unternehmern verwendete. In einem anschließenden Rechtsstreit mit der Bauherrin erhob die Baufirma Widerklage gegen die Bauherrin auf Zahlung des aus ihrer Sicht zu Unrecht einbehaltenen Skontos in Höhe von 125.098,75 Euro. Die Baufirma stützte die Rückforderung auf die Unwirksamkeit der Skontoklausel in dem vom Architekten zur Verfügung gestellten Bauvertrag. Das Gericht erachtete die Skontoklausel ebenfalls als unwirksam. Die Bauherrin hat anschließend den Architekten auf Schadensersatz verklagt.

Bereits in unserem Newsletter 05/2022 [https://www.leinemann-partner.de/newsletter/neues-zum-baurecht-05-2022/der-bauherr-kann-und-darf-vom-architekten-keine-umfassende-juristische-beratung-zu-vertragsklauseln-erwarten/] hatten wir über die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 30.09.2022 berichtet.

Das OLG hatte die Klage der Bauherrin gegen den Architekten mit der Begründung abgewiesen, dass die vom Architekten vorgeschlagene Skontoklausel zwar unwirksam sei, der Architekt aber mit der Erstellung der Skontoklausel keine Pflicht gegenüber der Bauherrin verletzt habe. Die Bauherrin hätte von einem Architekten gerade nicht erwarten können, dass dieser die einzelnen Kriterien einer wirksamen Skontoklausel kenne.

Gegen die Entscheidung des OLG Stuttgart hat die Bauherrin Revision eingelegt.

Die Entscheidung des BGH

Mit Erfolg! Der Bundesgerichtshof hat das vorinstanzliche Urteil des OLG Stuttgart aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Zwar habe das OLG Stuttgart im Ergebnis zu Recht einen vertraglichen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Architekten verneint. Das OLG Stuttgart habe jedoch verkannt, dass der Bauherrin gegen den Architekten ein Schadensersatzanspruch aus anderen rechtlichen Gründen zustehen könnte. In diesem Zusammenhang hält der BGH fest, dass eine allgemeine Rechtsberatung von dem Berufsbild des Architekten nicht erfasst wird, da es insoweit an hinreichender juristischer Qualifikation fehlt. Die Zurverfügungstellung einer der Interessenlage der Klägerin entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern geht daher über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus. Demnach hat der Architekt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoßen. Vereinbarungen, die auf die Erbringung einer unerlaubten Rechtsdienstleistung zielen, sind nach § 134 BGB nichtig. Insofern hat das OLG Stuttgart zu Recht einen Anspruch aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB vereint. Aufgrund des Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz kann sich aber ein Schadensersatzanspruch aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 3 RDG ergeben.

Der BGH hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, die erforderlichen weiteren Feststellungen zu einem Anspruch der Klägerin aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG zu treffen.

Fazit

Das BGH-Urteil könnte weitreichende Folgen haben. Erbringt der Architekt unerlaubte Rechtsdienstleistungen, so kann er Schadensersatzansprüchen des Auftraggebers ausgesetzt sein. In diesem Fall wird der Architekt wahrscheinlich auch nicht auf seine Haftpflichtversicherung zurückgreifen können, da die rechtliche Beratung für den Architekten verboten war und es sich damit um eine wissentliche Pflichtverletzung gehandelt hat.

In seiner Entscheidung hat der BGH direkt auch eine Handlungsempfehlung ausgesprochen:

Der Architekt muss den Bauherrn nur darauf hinweisen, dass ihm eine solche Tätigkeit nicht erlaubt ist und sich der Bauherr insoweit an einen Rechtsanwalt zu wenden hat.

Autor

Christian Kirschberger

Christian Kirschberger

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