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Einmal Vergabeplattfom, immer Vergabeplattform

Die E-Mail ist, als sehr komfortables und schnelles Kommunikationsmittel allseits beliebt. Zur Verfahrenskommunikation innerhalb eines Vergabeverfahrens eignet sie sich allerdings – nicht zuletzt aufgrund der hohen Anforderungen an die Verfahrenskommunikation – nicht.

Dass sich der Rückgriff auf die E-Mail jedenfalls dann als Verfahrensrisiko darstellen kann, wenn in den Unterlagen (wie regelmäßig vorgesehen) nur die Kommunikation über die Vergabeplattform erlaubt ist, hat nun die VK Sachsen  (Beschluss vom 14.04.2023 – 1/SVK/003-23) entschieden:

Im entschiedenen Fall forderte die Auftraggeberin den für den Zuschlag vorgesehenen Bieter, obwohl ausschließlich über die Vergabeplattform kommuniziert werden sollte, per E-Mail zur Nachreichung weiterer Unterlagen auf. Nach Ablauf der Nachforderungsfrist meldete sich der Bieter um teilte mit, dass er die E-Mail wegen einer Erkrankung erst nach Fristablauf zur Kenntnis nehmen konnte und bat um Fristverlängerung, die ihm auch gewährt wurde.

Ein unterlegener Bieter strengte sodann ein Vergabenachprüfungsverfahren an und forderte den Ausschluss des Bestbieters, da dieser die nachgeforderten Unterlagen nicht innerhalb der ursprünglich gesetzten Nachforderungsfrist vorgelegt habe und daher zwingend gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV auszuschließen sei.

Entscheidung

Die Vergabekammer folgte diesem Vortrag nicht, denn zum einen sei die Auftraggeberin aufgrund der Festlegung, dass sämtliche Kommunikation über die Vergabeplattform zu erfolgen habe, auch selbst hieran gebunden und zum anderen sei ein Zugang des Nachforderungsverlangens nicht belegt – auch, weil vom empfangenden Bieter eine angeforderte Lesebestätigung nicht erteilt worden sei.

Durch die Selbstbindung und durch eine Sorgfaltspflichtverletzung (unterlassene Nachforschung trotz fehlender Lesebestätigung) habe die Korrespondenz insoweit keinerlei Relevanz gehabt. Da die Unterlagen letztlich nachgereicht wurden – wenngleich ohne „wirksame“ Nachforderung – sei ein Ausschluss jedenfalls nicht angezeigt gewesen.

Praxishinweis

Im Ergebnis kann der Vergabekammer insoweit zugestimmt werden, als dass auch ein öffentlicher Auftraggeber sich an den von ihm selbst vorgegebenen Kommunikationsweg zu halten hat. Weniger überzeugend erscheint die Argumentation, wonach eine fehlende Lesebestätigung eine Nachforschungspflicht auslöst, da der Zugang auch ohne (positive) Kenntnisnahme, also das tatsächliche Lesen der Nachricht, erreicht wird. Dass der Zugang erfolgte, ist zudem dadurch belegt, dass der Bieter (wenngleich verspätet) auf die E-Mail antwortete, sodass sie offensichtlich auch zuging.

Für die Praxis ergibt sich aus der Entscheidung gleichwohl folgendes: Wenn die Vergabeplattform als einzig zugelassener Kommunikationsweg definiert wird, ist dies bindend – für beide Seiten. Bieter sollten daher auf Anfragen oder auch Rügen per E-Mail verzichten oder Nachrichten jedenfalls zusätzlich über die Plattform versenden, um stets auf der „sicheren Seite“ zu sein.

Gleiches gilt für Auftraggeber: Nachrichten, die nicht (auch) über die Plattform versendet werden, sind grundsätzlich unbeachtlich. Sofern es – etwa für die Begründung eines Ausschlusses – hierauf ankommt, kann sich eine „kurze E-Mail“ daher schnell rächen.

Daher: Kommunikation nur über die Plattform!

Autor

Jonas Deppenkemper

Jonas Deppenkemper

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