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Architekten und „Beschaffungsbüros“ sind keine Rechtsanwälte!

Eine aktuell heiß diskutierte Entscheidung des BGH, Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 190/22 aus dem Bereich des Bau- und Architektenrechts wirft erneut ein grelles Licht auf die in der Praxis häufig anzutreffende Ausschreibungsbetreuung durch Architekten, Projektsteuerer und „Beschaffungsbüros“.

Nachdem das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 25.05.2022 – VII-Verg 33/21) bereits im letzten Jahr die zulässigen Grenzen einer Rechtsberatung in Form einer untergeordneten Nebenleistung zur Vergabebetreuung sehr eng fasste, deutet die jüngste BGH-Entscheidung die möglichen Folgen einer unzulässigen Rechtsberatung an, die auch im Vergaberecht Geltung beanspruchen dürften:

Der Fall

Der Bauherr beauftrage ein Architekturbüro mit der Erbringung der Leistungsphasen 1-8 HOAI (2009). Im Rahmen der Leistungsphasen die Vergabe betreffend, stellte das Architekturbüro auch einen Vertragsentwurf zur Verfügung, der eine rechtlich unwirksame Skontoklausel enthielt.

Nachdem das beauftragte Bauunternehmen auf Auskehr der zu Unrecht einbehaltenen Skonti klagte, verglich man sich. Der Bauherr verlangte sodann vom Architekten Schadenersatz mit der Begründung, dass er die Skonti hätte behalten dürfen, wenn der Architekt keine unwirksame Skontoklausel vorgeschlagen hätte.

Während das Landgericht dieser Argumentation folgte, war das OLG Stuttgart der Ansicht, dass man von einem Architekten keine rechtlich einwandfreie Vertragserstellung verlangen könne, sodass es an einer Pflichtverletzung fehle.

Entscheidung

Der nun befasste BGH stimmt dem OLG zumindest insoweit zu, als dass im Ergebnis wohl kein Schadenersatz gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zu leisten sei. Allerdings sei zu prüfen, ob ein solcher nicht gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB beziehungsweise aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG hergeleitet werden könne, was das OLG nicht prüfte.

Begründet wird dies damit, dass in der Stellung von Vertragsklauseln eine unzulässige Rechtsberatung und damit ein Verstoß gegen § 3 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) zu erkennen sei, der dazu führe, dass der Vertrag wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sei (§ 134 BGB). Dies führe zwar dazu, dass keine vertraglichen Ansprüche bestehen; Schadenersatzansprüche aus vorvertraglicher Pflichtverletzung bzw. unerlaubter Handlung allerdings nach wie vor in Betracht kommen.

Wenngleich der BGH nicht abschließend entschied und die Sache unter Darlegung der vorstehenden Erwägungen an das OLG zurückverwies, lässt er in der Begründung kaum einen Zweifel daran, dass die Stellung von Verträgen (oder auch nur einzelner Klauseln) durch andere Personen als RechtsanwältInnen einen klaren Verstoß gegen das RDG darstellt.

Fazit

Wenngleich die Entscheidung von den betroffenen Berufsgruppen lautstark kritisiert wird, stellt sie letztlich eine – zumindest im Vergaberecht – erwartbare Entscheidung dar, da sich zuvor auch das OLG Düsseldorf entsprechend positionierte.

Die nunmehr geschaffene Klarheit zur Trennung der Leistungen von Architektur-, Projektsteuerungs- und „Beschaffungsbüros“ sowie Rechtsanwaltschaft im Rahmen der Vergabeberatung schafft schlussendlich Klarheit für alle Seiten, die zu begrüßen ist. Denn einerseits wissen die Auftraggeber nun, was sie von den jeweiligen Beteiligten fordern „dürfen“ und andererseits sind auch für die hiermit verbundenen Haftungsfragen die Grenzen klar definiert:

Ebenso wenig, wie ein Rechtsanwalt Planungen und Bauabläufe erstellt, sollten Planer oder sonstige Berater juristische Themen bearbeiten. Es gilt: Schuster, bleib bei Deinem Leisten!

Dies liegt letztlich auch im Interesse der Bauherrenschaft.

Autor

Jonas Deppenkemper

Jonas Deppenkemper

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