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Urteilsbesprechung, KG Urteil vom 02.06.2023 - 7 U 127/21-

Die Eintragung einer Vormerkung zur Eintragung einer Bauhandwerkerhypothek sichert nur die Erfüllungsfähigkeit des Eintragungsanspruches. Die vergleichsweise Einigung über die Eintragung einer Vormerkung im einstweiligen Verfügungsverfahren beinhaltet nicht notwendig das Anerkenntnis der zu sichernden Forderung.

Prozesshandlungen dürfen nicht missbräuchlich vorgenommen werden; das gilt auch für die Vollmachtsrüge.

Urteilsbesprechung, KG Urteil vom 02.06.2023 - 7 U 127/21-

Sachverhalt

AN (Klägerin) und AG (Beklagte) streiten um die Bewilligung der Eintragung einer Sicherungshypothek zu Lasten des Grundstückes des AG zur Sicherung des Vergütungsanspruches des AN. Der zugrundeliegende Pauschalpreisvertrag war gekündigt, das Werk unvollendet. Im zunächst durchgeführten Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz hatten die Parteien sich dahin verglichen, dass im Grundbuch des Grundstückes des AG eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des AN auf Eintragung einer Sicherungshypothek für seine Forderung aus dem Vertrag gemäß Schlussrechnung i.H.v. 100.000 Euro eingetragen werden sollte. Die Vormerkung wird eingetragen, allerdings verweigert der AG nun die Bewilligung der Eintragung der Sicherungshypothek und wendet ein, ein zu sichernder Vergütungsanspruch bestehe in der geltend gemachten Höhe nicht. Ein Anerkenntnis der Höhe der Forderung sei mit dem Vergleich nicht verbunden gewesen. Die Klägerin sieht das anders, sie hat ihren Vergütungsanspruch lediglich durch die Vorlage des Angebotsformblattes nachgewiesen.

Nachdem die Klägerin erkennt, dass das Gericht ihre Rechtsauffassungen nicht teilt und die Beklagte zu einem Vergleich nicht bereit ist, rügt sie kurzerhand kurz vor Ende der mündlichen Verhandlung die Vollmacht des Beklagtenvertreters und verlangt die Vorlage einer Originalvollmacht. Dies nachdem sowohl das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz als auch das Hauptsacheverfahren jeweils über zwei Instanzen mit demselben Beklagtenanwalt geführt worden war. Der Beklagtenanwalt kann eine solche Originalvollmacht nicht vorlegen; die seitens der Beklagten Anwesenden versichern indes, dass der Anwalt von allen beklagtenseits Beteiligten bevollmächtigt war.

Entscheidung

Nach § 88 Abs. 1 ZPO kann das Fehlen der Vollmacht jederzeit gerügt werden. Auch dieses Prozessrecht kann aber nicht missbräuchlich genutzt werden. Für einen Missbrauch sprach hier, dass die Rüge als unmittelbare Reaktion auf die Zurückweisung eines Vergleichsangebots und unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben wurde, nachdem man bereits beide Verfahren (einstweiliger Rechtsschutz und Hauptsache) über jeweils zwei Instanzen mit demselben Anwalt verhandelt hatte, ohne je seine Vollmacht anzuzweifeln. Die Berufung wäre indes auch bei – mangels Vorlage der Originalvollmacht - säumigen Beklagten zurückzuweisen gewesen, da sie unschlüssig war.

Denn eine Sicherungshypothek hätte der Klägerin nur für den nach dem tatsächlichen Baufortschritt zu bemessenden Vergütungsanspruch zugestanden (im Fall: § 648 a.F. bzw. heute § 650e BGB). Da auch die Bauhandwerkersicherungshypothek – wie alle Hypotheken - streng akzessorisch ist, konnte ein Anspruch auf Bestellung der Sicherungshypothek nur dann bestehen, wenn die zugrundeliegende Forderung besteht. Selbst bei bestellter Sicherungshypothek hätte sich die Klägerin zum Beweis der Forderung nicht auf die Eintragung berufen können (§ 1184 BGB). Mangels substantiierten Vortrages konnte das Gericht einen Anspruch der Klägerin in Höhe von EUR 100.000 aber nicht erkennen.

Aus dem Vergleichsschluss ergab sich kein Anerkenntnis über die Höhe der Forderung. Die Parteien hatten sich in dem Vergleich nur über die Eintragung einer Vormerkung auf Bestellung einer Sicherungshypothek geeinigt. Die Bestellung der Sicherungshypothek selbst war gerade noch nicht Gegenstand des Vergleiches. Die Vormerkung sichert aber wegen der strikten Akzessorietät aller Hypotheken zu der zu sichernden Forderung nicht zugleich auch die Bestellung der Hypothek selbst oder ein Anerkenntnis der konkreten Forderung. Die Eintragung einer Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek mag zwar – genau wie die Eintragung der Hypothek selbst – das Bestehen des zugrundeliegenden Anspruches voraussetzen. Sie hat aber auf dessen Entstehung keinen Einfluss. Weder entsteht der Anspruch durch die Eintragung der Vormerkung noch liegt in der Bewilligung der Eintragung einer Vormerkung ein Anerkenntnis. Vielmehr sichert die Vormerkung allein die Erfüllungsfähigkeit des Anspruches auf Eintragung der Sicherungshypothek. Das Bestehen und der Umfang der Forderung, die Grundlage für die Eintragung der Hypothek sein soll, müssen daher im Hauptsacheverfahren mit den üblichen Anforderungen dargelegt und bewiesen werden. Nur dieses Ergebnis entsprach auch der Interessenlage der Parteien während des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz und bei Abschluss des Vergleiches: Denn im einstweiligen Verfügungsverfahren hatte die Klägerin für die Eintragung einer Vormerkung für eine Bauhandwerkersicherungshypothek gestritten. Nur dieser Antrag sollte durch den Vergleich der gerichtlichen Entscheidung wieder entzogen werden. Das Interesse der Klägerin, möglichst schnell eine Sicherheit für ihre Werklohnforderung zu erhalten, wurde durch diesen Vergleich genauso befriedigt, wie das Interesse der Beklagten die Höhe der Forderung mit dem detaillierteren Prüfungsmaßstab des Hauptsacheverfahren geprüft zu wissen.

Aber auch die Voraussetzungen für § 650e BGB waren nicht hinreichend dargetan. Angesichts des vor Vollendung des Bauwerkes gekündigten Pauschalpreis-Vertrages hätte der Klägerin nur ein Vergütungsanspruch für die bereits erbrachten Leistungen und für die in der Vergütung nicht enthaltenen Auslagen zugestanden. Folglich hätte der Klägerin auch ein Anspruch auf Eintragung einer Sicherungshypothek nur in diesem Umfang zugestanden. Um die Anspruchshöhe darzulegen, hätte die Klägerin zunächst einmal eine Abgrenzung der erbrachten von den nicht erbrachten Leistungen vornehmen müssen. Sodann hätten die erbrachten Leistungen in ein Verhältnis zur vereinbarten Gesamtleistung gesetzt werden müssen, damit in einem letzten Schritt der Teil des Pauschalpreises, der auf die erbrachten Leistungen entfiel, hätte festgestellt werden können. Zu diesen Fragen war allerdings nichts vorgetragen worden.

Fazit

Die Erfüllbarkeit des Anspruches auf Einräumung einer Sicherungshypothek kann im einstweiligen Verfügungsverfahren durch eine Vormerkung rangwahrend gesichert werden. Im Hauptsacheverfahren muss der zugrundeliegende Vergütungsanspruch nach den allgemeinen Regeln dargelegt und bewiesen werden.

Es empfiehlt sich in einem solchen Verfahren aus prozessökonomischen Gründen sowohl den Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek als auch den Anspruch auf Zahlung der Werklohnforderung selbst einzuklagen, zumal die Bauforderung bei der Klage auf Einräumung einer Sicherungshypothek in der Regel inzidenter geprüft werden muss; denn nur, soweit eine Bauforderung besteht kann der Anspruch auf Einräumung der Sicherungshypothek begründet sein. Zu beachten ist allerdings, dass anders als der Anspruch auf 650e BGB die Werklohnvergütung bereits fällig sein muss.

Last but not least: Rügen aus Frust über den Verfahrensablauf führen in die Lächerlichkeit und nicht zum Erfolg.

Autor

Anuschka Pauly

Anuschka Pauly

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