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13.08.2020 Bundesregierung plant erleichterte Vergabe für öffentliche Aufträge
Im Zuge der coronabedingten Wirtschaftskrise plant die Bundesregierungen erhebliche Erleichterungen bei der Vergabe. Nach den gestern vom Bundeskabinett verabschiedeten verbindlichen „Handlungsleitlinien für die Vergabe öffentlicher Aufträge zur Beschleunigung investiver Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie“ sind zahlreiche Maßnahmen vorgesehen, die es öffentlichen Trägern erlauben wird, Aufträge unter wesentlich erleichterten Konditionen zu vergeben. Davon dürften vor allem Bauunternehmen und Dienstleister profitieren. Die Regelungen bergen aber auch Risiken für Unternehmer.
„Zunächst ist es eine gute Nachricht, dass Öffentliche Aufträge des Bundes in der derzeitigen Situation temporär schneller und leichter erteilt werden können, denn der Markt braucht angesichts zunehmender Zurückhaltung im Privatsektor dringend Aufträge. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die auf Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte angewiesen sind, können in den Genuss dieser Erleichterungen kommen, etwa Bauunternehmer, Planer oder Architekturbüros, Consulting- und Dienstleistungsunternehmen“, erklärt der Jonas Deppenkemper von Leinemann Partner in Frankfurt. „Doch der Preis für die neue Vergabewelt sind weniger Wettbewerb und damit auch geringere Chancen, überhaupt an Aufträge heranzukommen: Wenn öffentliche Ausschreibungen künftig für kleinere Projekte nicht mehr erforderlich sind und eine Vorabbekanntmachung der Beschaffungsabsicht genügt, sind Unternehmer gut beraten, sich stets aktiv über die aktuellen Beschaffungsbedarfe informiert zu halten und zeitnah auf sich aufmerksam zu machen, um überhaupt zu den Verfahren eingeladen zu werden. Außerdem sind die verkürzten Fristen sehr sportlich, als Unternehmen muss ich blitzschnell reagieren, um die engen Fristen einzuhalten.“
Das Maßnamenpaket sieht künftig bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einer Wertgrenze von 100.000 Euro ohne Umsatzsteuer vereinfachte und schnellere Vergabeverfahren vor. Bei Bauaufträgen liegt diese Grenze bei 1 Million Euro. Im Liefer- und Dienstleistungsbereich dürfen Aufträge bis zu EUR 3.000 bzw. im Baubereich bis zu EUR 5.000 direkt vergeben werden, ohne dass dafür ein förmliches Vergabeverfahren notwendig wäre. Die Grenze dafür liegt bislang bei 1.000 bzw. 3.000 Euro. Auftraggeber dürfen zudem die Fristen für die Einreichung von Angeboten und Teilnahmeanträgen verkürzen.
Direktvergaben schließen einen Wettbewerb faktisch aus. Aber auch die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb birgt stets die Gefahr des Missbrauchs, weil für den Auftrag ein „Wunschbieter“ und zwei weitere, aussichtslose Unternehmen ausgewählt werden können. Für die designierten Auftragnehmer ist das natürlich von großem Vorteil, für den freien Wettbewerb dagegen nicht gut. Das sollte nicht zum Dauerzustand werden, weil es der Bildung von Seilschaften Tür und Tor öffnet.
Auch der Steuerzahler ist im Nachteil, wenn der Staat nicht das wirtschaftlichste Angebot am Markt auswählt und sich unter Umständen überhöhte Preise durchsetzen. Es wird auch erschwert oder teilweise sogar unmöglich, die Vergabeverfahren im Nachhinein rechtlich zu überprüfen unterstreicht Jonas Deppenkemper.
Das Handelsblatt hat in seiner Ausgabe vom 14./15./16. August das Thema aufgegriffen und Herr Deppenkemer ausführlich zitiert.
Leinemann Partner gehört zu den führenden Kanzleien für Baurecht, Immobilienrecht und Vergaberecht in Deutschland. Über 100 hoch spezialisierte RechtsanwältInnen sind an den Standorten von Leinemann Partner in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln und München tätig. Die Sozietät hat einen weithin sichtbaren Schwerpunkt bei Infrastruktur-Großprojekten, wie dem Neu- und Ausbau zahlreicher Autobahnen, Bahnstrecken und Wasserstraßen ebenso wie Industrie-, Kraftwerks- und Anlagenbau, Flughäfen, Shopping-Center und von Stadtentwicklungsprojekten. Bekannteste Mandate sind u. a. die Bauten der LNG-Terminals in Stade und Wilhelmshaven, die Batteriefabrik von Volkswagen in Salzgitter, die U-Bahn-Bauten in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und München, der Tunnel unter dem Fehmarnbelt, die Hamburger Elbphilharmonie, der Neubau der Rheinbrücke der A1 bei Leverkusen und die Anbindung der Offshore-Stromerzeugung auf See über neue Hochspannungstrassen.
Kontakt
Caroline Scheller
Managerin Marketing, PR & Business Development
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