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30.05.2022 Rechtsdienstleistung als erlaubte Nebentätigkeit bei Beschaffungsdienstleistungen

Das OLG Düsseldorf hat am 25.05.2022 zur Abgrenzung von Rechtsdienstleistungen und Beschaffungsdienstleistungen entschieden. Anlass war die von einer Bundesbehörde vorgenommene Ausschreibung von Beschaffungsdienstleistungen. Beschafft werden sollte hier die Bearbeitung von Mustervergabeverfahren ohne spezielle Anforderungen, die standardisierte Leistungen (Unterhalts- und Glasreinigung, Grün- und Graupflege) zum Gegenstand hatten.

Der Senat stellt zunächst fest, dass Beschaffungsdienstleistungen und Rechtsdienstleistungen als getrennte Fachlose ausgeschrieben werden können. Die seitens der Antragsgegnerin ausgeschriebenen Leistungen beinhalteten neben den reinen Beschaffungsdienstleistungen zum Teil auch Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 RDG. Hiervon umfasst sollen insbesondere die Erstellung des Vergabevermerks, die Beantwortung von Bieteranfragen, die Auswertung der Angebote und die Fertigung des Aufklärungsschreibens im Entwurf sein, da hier eine rechtliche Prüfung eines Einzelfalls erforderlich sei.

Von einer Aufteilung in Fachlose konnte im vorliegenden Fall jedoch aus technischen Gründen gem. § 97 Abs. 3 S. 4 GWB abgesehen werden. Die genannten Rechtsdienstleistungen sind mit den anderen Leistungen zur Unterstützung bei der Durchführung der Vergabeverfahren eng verknüpft und stellen eine untergeordnete und schwer trennbare Nebenleistung dar. Die Interessen der Antragsgegnerin an einer Gesamtlosvergabe überwiegen im vorliegenden Fall den Interessen an einer getrennten Fachlosvergabe. Die hier in Rede stehenden unterstützenden Rechtsdienstleistungen bei der Ermittlung der Vergabeart, der Frage der Losaufteilung sowie bei der Beantwortung von Bieterfragen, der formalen Angebots- und Eignungsprüfung und der Fertigung von Aufklärungsschreiben stellen inhaltlich so minimale Anforderungen an die rechtliche Prüfung des Sachverhalts, dass die Antragsgegnerin die Integration aller Leistungsschritte in einer Hand für erforderlich halten und eine Aufteilung in Fachlose als eine die Qualität der Gesamtleistung beeinträchtigende Maßnahme ansehen durfte.

Außerdem stellte das OLG Düsseldorf in der Entscheidung fest, dass die in der vorliegenden Ausschreibung enthaltenen unterstützenden Rechtsdienstleistungen des Beschaffungsdienstleisters erlaubte Nebentätigkeiten im Sinne des § 5 Abs. 1 RDG sind. Mit der beruflichen Haupttätigkeit des Beschaffungsdienstleisters seien typischerweise bestimmte Rechtsdienstleistungen verbunden, da der Übergang zwischen bloßer Rechtsanwendung und juristischer Rechtsprüfung fließend ist, zumal dann, wenn von dem öffentlichen Auftraggeber – so wie vorliegend – standardisierte Vergaben ausgeschrieben und standardisierte Vorgaben gemacht würden.

Die im Verfahren erfolgreiche Antragsgegnerin wurde von Leinemann Partner Rechtsanwälte vertreten.

Aus dem Vorgesagten lässt sich ableiten, dass die Durchführung von Vergabeverfahren durch reine Beschaffungsdienstleister nur dann möglich ist, wenn es sich um standardisierte Vergabeverfahren ohne rechtliche Schwierigkeiten handelt. Sobald ein über diesen Rahmen hinausgehender Rechtberatungsbedarf besteht ist eine Aufteilung in Fachlose für Beschaffungs- und Rechtsdienstleistungen erforderlich.

OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.05.2022, VII-Verg 33/21

Ansprechpartner:


Dr. Thomas Kirch
Anne Müller


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Kontakt

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Managerin Marketing, PR & Business Development
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