News | Newsletter | Neues zum Baurecht 03/2025
Keine „zu kurze“ Frist zur Mangelbeseitigung, wenn der Auftragnehmer diese selbst bestimmt
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2024 – 22 U 33/24
Mit Beschluss vom 24.10.2024 hat das OLG Düsseldorf darauf hingewiesen, dass es der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Krefeld keine Erfolgsaussichten beimisst und beabsichtigt, die Berufung im Beschlusswege zurückzuweisen. Dabei hat das OLG Düsseldorf eine wesentliche Klarstellung zur Wirksamkeit und Angemessenheit von Fristsetzungen im Werkvertragsrecht getroffen: Eine Frist, die der Auftragnehmer sich selbst für die Beseitigung von Mängeln setzt, kann grundsätzlich nicht als zu kurz angesehen werden. Hält der Auftragnehmer die von ihm selbst angekündigte Frist nicht ein, kann er sich später nicht darauf berufen, die Frist sei objektiv unangemessen kurz bemessen gewesen. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung von klaren Fristsetzungen und verbindlicher Kommunikation der Vertragsparteien bei der Geltendmachung von Mängelrechten und lässt sich grundsätzlich auf die Abwicklung von Bauvorhaben übertragen.
Der Sachverhalt
Die Kläger beauftragten die Beklagte mit der Sanierung eines Einfamilienhauses. Später stellten sie Mängel an der Heizungsinstallation und dem Bodenbelag fest. Nachdem sie der Beklagten die Mängel angezeigt haben, setzten sie der Beklagten Fristen zur Beseitigung der Mängel. Die Beklagte kündigte daraufhin an, die Mängel innerhalb einer Frist von 10 Tagen zu beseitigen. Dieser Ankündigung ist sie jedoch nicht nachgekommen.
In Höhe der voraussichtlich anfallenden Mangelbeseitigungskosten verlangen die Kläger von der Beklagten deshalb die Zahlung eines Vorschusses für die Ersatzvornahme. Dies lehnt die Beklagte ab. Sie argumentierte im Rechtsstreit, dass die ihr gesetzten Fristen zu kurz bemessen gewesen seien. Die Fristsetzungen seien deshalb nicht wirksam gewesen. Das Landgericht Krefeld entschied jedoch, dass den Klägern der geltend gemachte Vorschussanspruch zusteht, weil die Beklagte die gesetzten Fristen zur Mängelbeseitigung nicht eingehalten hat. Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Berufung zum OLG Düsseldorf ein.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf wies die Berufung mit dem Hinweis zurück, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Ein zentraler Aspekt der Entscheidung des OLG Düsseldorf war die Klärung der Frage, ob eine vom Schuldner selbst gesetzte Frist überhaupt als zu kurz gelten kann. Das Gericht stellte hierzu fest, dass eine vom Schuldner selbst gesetzte Frist grundsätzlich nicht als zu kurz betrachtet werden kann. Ein Schuldner, der eine Nachfrist zur Mangelbeseitigung selbst angekündigt hat, kann sich im Nachhinein nicht auf die Unzumutbarkeit dieser Frist berufen. Auf die Frage, ob die Frist objektiv angemessen war, kommt es in dieser Konstellation deshalb nicht an.
Das OLG Düsseldorf stützte sich dabei auf die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.07.2016 - VIII ZR 49/15), in der dieser bereits betont hatte, dass ein Schuldner, der eine Frist für die Mängelbeseitigung selbst vorgibt, sich später nicht auf eine Unangemessenheit dieser eigenen Frist berufen kann. Sich selbst eine Frist zu setzen, liegt immer in der Verantwortung des Schuldners und kann später nicht mehr als zu kurz abgelehnt werden. Vorliegend gilt dies insbesondere auch, weil die Beklagte durch ihre eigene Ankündigung einer Mangelbeseitigung in die Lage versetzt wurde, die Mängel zu beseitigen. Sie hat hiermit aber noch nicht einmal begonnen.
Zudem wies das OLG Düsseldorf darauf hin, dass auch eine zu kurz bemessene Frist nicht wirkungslos gewesen wäre. Vielmehr führt diese dazu, dass eine angemessene Frist in Gang gesetzt wird (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 12.08.2009 - VIII ZR 254/08). Bei Nachfristsetzungen ist zu beachten, dass der Schuldner größte Anstrengungen unternehmen muss, seine Leistungen innerhalb der Frist vertragsgerecht nachzubessern. Vorliegend kommt zu der von der Beklagten sich selbst gegenüber gesetzten Frist erschwerend hinzu, dass sie auch nach Ablauf dieser Frist keinerlei Bemühungen angestellt hat, die beanstandeten Mängel zu beheben.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf verdeutlicht eine zentrale Grundregel im Werkvertragsrecht: Eine Frist, die der Schuldner sich selbst setzt, ist grundsätzlich nicht zu kurz. Das Gericht hat verdeutlicht, dass die Verantwortung für die Einhaltung von sich selbst gesetzten Fristen immer bei demjenigen liegt, der seine Leistung innerhalb einer bestimmten Frist ankündigt.
Diese Klarstellung ist für die Praxis von großer Bedeutung, da sie dem Bauherrn eine Gewissheit gibt, sich auf Fristen, die ihm vom Auftragnehmer genannt werden, verlassen zu dürfen. Hieraus folgt für Bauherren eine erfreuliche Bekräftigung des Vertrauensschutzes in die Ankündigungen des Auftragnehmers. Die Entscheidung steht insoweit im Einklang mit dem Urteil des OLG Brandenburg vom 05.09.2024 (12 U 3/22). In diesem Urteil hatte das OLG Brandenburg bereits betont, dass ein Auftragnehmer verpflichtet ist, insbesondere gegenüber nicht fachkündigen Bauherren eine aus seiner Sicht unangemessen kurze Mangelbeseitigungsfrist unverzüglich zu rügen.
Für Bauherren ist es für die rechtssichere Geltendmachung von Mängelansprüchen von entscheidender Bedeutung, bei Mangelbeseitigungsfristen Klarheit und Gewissheit zu haben. Die Verantwortung hierfür liegt jedoch nach den in der Rechtsprechung herausgebildeten Grundsätzen nicht allein beim Bauherrn. Aus Sicht von Auftragnehmern folgt aus der Entscheidung, keine voreiligen Zusagen zu treffen, die nachträglich nicht eingehalten werden können (oder wollen). Zur Vermeidung von Risiken ist für beide Vertragsparteien generell darauf zu achten, Fristen realistisch zu setzen und die Mängelbeseitigung fristgerecht umzusetzen. Die Anforderungen der Rechtsprechung an die gebotene Klarheit und Rechtzeitigkeit in der Kommunikation zielen darauf ab, Konflikte möglichst bereits in der Entstehung kooperativ zu lösen.
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