Section-Image

News aus der LP-Welt

Pressemeldungen, Auszeichnungen, Veröffentlichungen, Seminare - wir halten Sie informiert

Ein zu Unrecht abgelehnter Bauantrag kann Schadensersatzforderung auslösen

BGH, Urteil vom 14.08.2025, III ZR 125/24

Lehnt die Baugenehmigungsbehörde zu Unrecht einen Bauantrag ab, kann dies einen Schadensersatz des Antragstellers begründen.

In dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.08.2025 (Az.: III ZR 125/24) entschiedenen Fall, hatte ein Bauherr von der beklagten Stadt unter dem Vorwurf der amtspflichtwidrigen Ablehnung eines Bauantrags Schadensersatz wegen entgangener Mieteinnahmen verlangt.

Der Fall

Im September 2017 beantragte der Bauherr und Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für einen Umbau und eine Nutzungsänderung einer Villa dahingehend, dass aus vorhandenen Büroräumen im Obergeschoss zwei Wohnungen werden sollten. Im März 2018 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans, der als Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet ausweise, nicht erteilt werden könne. Zwar seien Wohngebäude allgemein zulässig, die geplante Wohnnutzung im vorliegenden Einzelfall allerdings nach § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig. Nach Auffassung der Beklagten sei zu befürchten, dass durch ihre Zulassung die gewerbliche als eigenständige Hauptnutzung verdrängt werde und sich somit der festgesetzte Gebietscharakter einer ausgewogenen Durchmischung der beiden Hauptnutzungsarten Wohnen und Gewerbe ändere.

Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Widerspruch, dem die Beklagte nicht abhalf. Auf die Klage des Bauherren verpflichtete das angerufene Verwaltungsgericht die Beklagte mit Urteil vom 07.07.2020 zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung, da die begehrte Umnutzung die vorhandene Situation weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht „zum Kippen“ bringe. Daraufhin wurde die Baugenehmigung am 14.10.2020 erteilt.

Die fertiggestellten Wohnungen vermietete die Klägerin ab dem 01.04.2021 zu einem monatlichen Gesamtmietzins in Höhe von EUR 3.360,00.

Im anschließenden Verfahren machte der Kläger geltend, dass er bei einer Bewilligung des Bauantrags spätestens am 14.03.2018 und einer sich daran anschließenden Umbauzeit von sechs Monaten die Wohnungen bereits ab dem 01.10.2018 hätte vermieten können, weshalb ihm ein Mietausfallschaden in Höhe von insgesamt EUR 100.800,00 (30 Monate x EUR 3.360,00) entstanden sei.

Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auch das Oberlandesgericht wies die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurück, ließ jedoch die Revision zum BGH zu.

Die Entscheidung

Nachdem bereits die Vorinstanzen den Anspruch des Klägers bejaht hatten, schloss sich der BGH dieser Auffassung an.

Der BGH stellte fest, dass die Beklagte durch die unberechtigte Ablehnung des Bauantrages eine ihr gegenüber dem Kläger obliegende und diese schützende Amtspflicht verletzt hat, was zwingende Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG sowie § 1 Abs. 1 ThürStHG ist.

Zwar begründet nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf. Wenn eine nach sorgfältiger und gewissenhafter Prüfung der Gesetzes- und Rechtslage gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als vertretbar angesehen werden kann, lässt sich auch aus der späteren Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht herleiten. Ob dies hier der Fall war, wurde vom BGH offengelassen, da das Gericht einen Anspruch des Klägers aus § 1 Abs. 1 ThürStHG angenommen hat, der lediglich eine rechtswidrige Schadenszufügung erfordert.

Fazit

Die unberechtigte Ablehnung eines Bauantrages kann, insbesondere wenn sie im weiteren Verlauf revidiert wird, zu Schadensersatzansprüchen gegen die Baugenehmigungsbehörde führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um Objekte handelt, die für eine spätere Vermietung vorgesehen sind. In derartigen Konstellationen lässt sich der Schaden oftmals gut beziffern. Ob sich dieser Schadensersatzanspruch in Zukunft auch auf weitere Verzögerungsschäden wie beispielsweise Baukostensteigerungen ausweiten lassen wird, wird die Rechtsprechung zeigen.

Unabhängig von möglichen Schadensersatzansprüchen, empfiehlt es sich, sich in solchen Situationen fachkundig beraten zu lassen, um seine Rechte zu kennen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Realisierung des Vorhabens stets oberste Priorität haben sollte. Sofern sich hierbei ergeben sollte, dass die Ablehnung zu Unrecht erfolgt ist, können auch Schadensersatzansprüche in die weitere Prüfung und taktischen Erwägungen einbezogen werden.

 

Autor

Niklas Koschwitz

Niklas Koschwitz

Weitere Artikel dieser Ausgabe

  • Dr. Thomas Hildebrandt: Der Ausschluss des deutschen AGB-Rechts ist in Schiedsklauseln wirksam

     

  • Aline Eßers: KG Berlin: Konkretisierung der Anforderung an die Nachtragsvergütung – ein Korridor für Zuschläge und eine Absage für BGK

     

  • Sebastian Jakobi, LL.M.: Beurkundungserfordernis bei separatem Vertragsschluss über Grundstückskauf und Bauleistungen

     

  • Maximilian Lechleitner: Neues zum Dauerbrenner „Bauzeitliches Anordnungsrecht des Auftraggebers?“