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Keine Aufspaltung des Architektenhonorars in getrennte Prozesse nach Teilkündigung

BGH, Urteil vom 19.12.2024, VII ZR 130/22

Sachverhalt

Der Fall betrifft einen Architekten, der nach einer freien Kündigung seines Architektenvertrags Honorar verlangt. In seiner Schlussrechnung hatte er sowohl die Vergütung für die erbrachten Leistungen als auch für die nicht mehr ausgeführten Leistungen berücksichtigt. Nach Abzug zuvor erhaltener Abschlagszahlungen ergab sich ein Schlussrechnungssaldo von rund 1,14 Millionen Euro. Der Architekt entschied sich jedoch dazu, diesen Gesamtanspruch in zwei getrennte Gerichtsverfahren aufzuteilen. Bereits 2017 erhob er beim Landgericht Dresden Klage über die Vergütung für die erbrachten Leistungen, abzüglich der geleisteten Zahlungen. Vier Jahre später verklagte er den Auftraggeber erneut, nun auf Zahlung des Honorars für die nicht erbrachten Leistungen. Der Auftraggeber hielt die zweite Klage für unzulässig und verwies darauf, dass es sich um denselben einheitlichen Vergütungsanspruch handele, der nicht künstlich in einzelne Posten zerlegt werden dürfe.

Entscheidung

Der BGH bestätigte diese Sicht. Er stellt klar, dass der Vergütungsanspruch des Unternehmers nach einer freien Kündigung ein einheitlicher Anspruch ist, der durch eine Gesamtbetrachtung ermittelt werden muss. Grundlage ist eine Schlussrechnung, in der sowohl die Vergütung für erbrachte als auch für nicht erbrachte Leistungen sowie alle bereits geleisteten Zahlungen zusammengeführt werden. Diese Elemente stellen keine eigenständigen Forderungen dar, sondern lediglich unselbstständige Rechnungsposten innerhalb eines einzigen Saldos. Der Anspruch darf daher prozessual nur als einheitlicher Betrag geltend gemacht werden. Eine Teilklage ist zwar möglich, jedoch ausschließlich auf einen abgrenzbaren Teilbetrag aus diesem Gesamtsaldo, etwa als „ersten Teilbetrag“ einer einheitlichen Forderung. Unzulässig ist es hingegen, einzelne Rechnungsposten isoliert einzuklagen, weil deren Höhe stets vom Zusammenspiel aller übrigen Posten abhängt. Genau dies war im vorliegenden Fall geschehen: Der Architekt wollte allein den Posten „Vergütung für nicht erbrachte Leistungen“ einklagen, ohne den Gesamtanspruch zugrunde zu legen. Die Tatsache, dass Abschlagszahlungen bereits im Parallelverfahren vor dem LG Dresden berücksichtigt wurden, hilft ihm ebenfalls nicht weiter, denn Zahlungen können nicht einzelnen Rechnungsposten zugeordnet werden, sondern wirken ausschließlich auf den Gesamtsaldo.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass Architekten und Bauunternehmer nach einer Kündigung nicht zwischen der Vergütung für erbrachte und der Vergütung für nicht erbrachte Leistungen trennen dürfen, wenn sie gerichtliche Schritte einleiten. Eine solche Trennung mag in der Praxis verlockend erscheinen, etwa in der Hoffnung, den unstreitigeren Teil der Vergütung schneller tituliert zu bekommen. Sie führt jedoch in eine rechtliche Sackgasse, denn beide Vergütungsbestandteile stehen in einem unauflöslichen Zusammenhang. Steigt die Vergütung für die nicht erbrachte Leistung, vermindert sich im selben Moment die Vergütung für die erbrachte Leistung; fällt die eine Position geringer aus, erhöht sich die andere. Die Abrechnung funktioniert daher wie kommunizierende Röhren: Jede Veränderung eines Postens beeinflusst unmittelbar die anderen. Bereits geleistete Zahlungen wirken ebenfalls nur auf den übergreifenden Saldo und können nicht einzelnen Positionen „zugeordnet“ werden. Wer versucht, dennoch zwei getrennte Prozesse zu führen, riskiert dass eine der Klagen als unzulässig verworfen wird.

Autor

Dr. Amneh Abu Saris

Dr. Amneh Abu Saris

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