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Geschäftsraummiete: Formularvertraglicher Ausschluss der Minderung ist zulässig – mit entscheidungsreifen Forderungen kann aufgerechnet werden!

OLG Schleswig, Urteil vom 23.10.2024, Az.: 12 U 8/23

Mit seiner Entscheidung vom 19.03.2025 hat das OLG Schleswig der Berufung des Mieters stattgegeben. Die Aufrechnung mit dessen im Streit stehenden, entscheidungsreifen Ansprüchen gegen Zahlungsansprüche seines Vermieters ist zulässig.

Was war passiert?

Der Kläger (Vermieter) verlangte vom Beklagten (Mieter) die Zahlung rückständiger (Teil-) Mietzahlungen aus einem Gewerberaummietvertrag. Der Beklagte erwiderte, 25% der vertraglich vereinbarten Mietfläche seien ihm nicht zur Verfügung gestellt worden, und erhob die Einrede des nichterfüllten Vertrages.

Die Geltendmachung einer Mietminderung war formularvertraglich ausgeschlossen. Im streitgegenständlichen Mietvertrag befand sich zudem die folgende Klausel:

„Eine Aufrechnung oder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch den Mieter ist nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig. Die Ausübung dieses Rechts ist mit einer Frist von 1 Monat anzukündigen.“

In 1. Instanz gab das Landgericht Lübeck der Klage des Vermieters statt. Begründet wurde dies damit, dass die Einrede des nichterfüllten Vertrages durch die wirksame formularvertragliche Beschränkung der Aufrechnung und der Zurückbehaltung ebenfalls erfasst sei. Da die nicht vollständige Überlassung der Mietsache bestritten sei, lägen mithin keine unbestrittenen, entscheidungsreifen oder rechtskräftigen Ansprüche vor, mit denen der Mieter gegenüber seinem Vermieter aufrechnen könne.

Hiergegen legte der beklagte Mieter Berufung ein.

Inhalt der Entscheidung

Das OLG Schleswig hat das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Lübeck insoweit bestätigt, dass das Minderungsrecht des Mieters in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Rahmen eines Geschäftsraummietvertrags wirksam ausgeschlossen werden kann. Nach Auffassung des OLG unterfällt die Einrede des nichterfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB ebenfalls der in AGB üblichen, wirksamen Beschränkung der Zurückbehaltungsrechte auf unbestrittene, entscheidungsreife oder rechtskräftige Ansprüche.

Eine andere Auffassung vertritt das OLG Schleswig jedoch hinsichtlich der vom Mieter geltend gemachten, im Streit stehenden entscheidungsreifen Ansprüche. Eine Klausel, die die Aufrechnung mit unbestrittenen nicht ausschließt, sei dahingehend auszulegen, dass sie auch die Aufrechnung mit im Streit stehenden entscheidungsreifen Forderungen zulässt. Nach Durchführung der Beweisaufnahme war das OLG davon überzeugt, dass dem Mieter die vertraglich vereinbarte Mietfläche nicht vollständig überlassen wurde. Die Zahlungsansprüche des Vermieters wurden daher vom Gericht zurückgewiesen.

Praxishinweis

Mit seinem Beschluss vom 19.03.2025 hat das OLG eine Entscheidung zugunsten der Prozessökonomie getroffen. Zukünftig kann auch mit in Streit stehenden, entscheidungsreifen Ansprüchen aufgerechnet oder Miete zurückbehalten werden.

In der vertragsgestaltenden Rechtsberatung sollte Mandanten empfohlen werden, Klauseln zur Mietminderung und zur Beschränkung der Aufrechnung und Zurückbehaltung in Gewerberaummietverträgen entsprechend der Entscheidung des OLG inhaltlich anzupassen.

Autor

Aline Eßers

Aline Eßers

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