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Kein Anspruch auf Ausschluss von Bietern aus Drittstaaten

 

Ein Anspruch eines Bieters auf Ausschluss von Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten besteht nicht. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 13.03.2025, C-266/22). Dieser hat nicht entschieden, dass sich solche Unternehmen nicht an Vergabeverfahren beteiligen können, sondern nur, dass sie in diesen Verfahren keine Rechte nach den unionsrechtlichen Vergaberichtlinien haben, also gegebenenfalls schlechter gestellt werden dürfen und jedenfalls nicht besser stehen dürfen als Unternehmen mit Sitz in EU-Staaten.

KG, Beschluss vom 04.06.2025, Verg 6/24

Das gegenwärtig von der Antragsgegnerin (AG) genutzte Krankenhausinformationssystem (KIS) ist in seinen wesentlichen Teilen rund zwanzig Jahre alt. Anlass für eine Neuanschaffung war unter anderem auch die Kündigung der Unterstützung für Software aus dem Abrechnungsmodul des KIS zum Jahr 2027. Nach einer Markterkundung warb die AG beim Abgeordnetenhaus Berlin für eine vollständige und umfassende Neuanschaffung eines KIS. Das verfahrensgegenständliche Vergabeverfahren bezog sich indes nur auf Teile eines neuen KIS. Ausgenommen von der Beschaffung ist insbesondere das Abrechnungsmodul.

Die Antragstellerin (ASt) warf der AG vor, das Vergabeverfahren auf einen US-amerikanischen Softwareanbieter zugeschnitten zu haben, wozu sie Belege vorlegte. Sie verlangte daher den Ausschluss dieses Bieters vom Vergabeverfahren. Trotz der aus ihrer Sicht gegebenen Diskriminierungen beteiligte sie sich selbst an dem Vergabeverfahren.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen hat sich die ASt mit ihrer sofortigen Beschwerde gewandt.

Ohne Erfolg! Der Nachprüfungsantrag ist jedenfalls unbegründet. Anders als die ASt meint, sehe weder das GWB-Vergaberecht noch die Vergaberichtlinien vor, dass Unternehmen, die nur über einen Sitz in einem Nicht-EU-Staat verfügen, sich nicht an EU-weiten Ausschreibungen beteiligen können. Allerdings hätten solche Unternehmen nur unter den Voraussetzungen des Art. 25 RL 2014/24/EU die Rechte, die Unternehmen mit Sitz in der EU aus dieser Richtlinie zustehen.

Entgegen der Auffassung der ASt folge aus der Rechtsprechung des EuGH nichts anderes. Vielmehr habe der EuGH in seinem Urteil vom 13.03.2025 lediglich festgestellt, dass der Zugang von Wirtschaftsteilnehmern aus Nicht-EU-Ländern zu den Vergabeverfahren nicht gewährleistet sein müsse. Dies bedeute, dass diese Wirtschaftsteilnehmer entweder von den Vergabeverfahren ausgeschlossen oder zugelassen werden können. Würden sie zugelassen, könnten sie sich nur nicht auf die Rechte aus den unionsrechtlichen Richtlinien berufen und keine Gleichbehandlung ihres Angebotes mit den Angeboten fordern, die Bieter aus den EU-Mitgliedstaaten und Bieter aus Ländern im Sinne von Art. 25 RL 2014/24/EU abgegeben haben.

Solange es an allgemeinen Regeln der Europäischen Union über den Umgang mit solchen Unternehmen fehle, sei es Sache des öffentlichen Auftraggebers, zu beurteilen, ob Wirtschaftsteilnehmer aus einem solchen Drittland zu einem Vergabeverfahren zuzulassen sind und ob eine Bewertungsanpassung bei den Angeboten dieser Wirtschaftsteilnehmer im Vergleich zu jenen, die andere Wirtschaftsteilnehmer abgegeben haben, vorzusehen ist.

Daraus folge, dass es den von der ASt geltend gemachten Anspruch auf Ausschluss von Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten nicht gibt.

Fazit

Erstmals wurde die viel diskutierte Entscheidung des EuGH (Urteil vom 13.03.2025, C-266/22) zu Bietern aus Drittstaaten von der nationalen Rechtsprechung aufgegriffen und die teilweise zu weitgehenden Besprechungen in der vergaberechtlichen Literatur korrigiert. Entgegen der teilweise vertretenen Auffassung lässt sich aus der Entscheidung des EuGH nicht herauslesen, dass Bieter aus Drittstaaten nicht an europaweiten Vergabeverfahren teilnehmen dürfen. Diese können zwar nicht aus den aus der europäischen Richtlinie folgenden Rechten profitieren, teilnehmen dürfen sie aber allemal. Dies gilt natürlich nur - dies hat der EuGH ebenfalls entschieden und das KG hier nochmals bestätigt -, sofern der öffentliche Auftraggeber eine solche Teilnahme nicht von vornherein ausschließt. Ein solcher Ausschluss steht öffentlichen Auftraggebern zur Verfügung. Angreifbar ist die Festlegung des öffentlichen Auftraggebers, ob Bieter aus Drittstaaten zugelassen werden oder nicht, aber gerade nicht. Für öffentliche Auftraggeber gilt deshalb, dass eine Prüfung und Festlegung zur Zulassung von Bietern aus Drittstaaten vor Bekanntmachung erfolgen muss, diese jedoch nicht drittschützend ist.

Autor

Anne Müller

Anne Müller

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