Personenzüge gelten als besonders umweltfreundliches Verkehrsmittel angesichts ihres geringen CO2 -Ausstoßes pro Fahrgast. Dennoch ist der Schienenverkehr damit noch nicht klimaneutral. Dafür muss an erster Stelle Dieselöl als fossiler Treibstoff im Zugbetrieb abgelöst werden. Deshalb hat das Land Schleswig-Holstein erste Schritte unternommen, um die dort fahrenden Dieselloks nach und nach aus dem Betrieb zu nehmen.
Gerade im Norden sind noch überdurchschnittlich viele Dieselzüge unterwegs, da nur knapp 30 Prozent der Strecken im Land elektrifiziert sind. Vor drei Jahren, 2018, begann man in Schleswig-Holstein damit, ein landesweites Akkunetz aufzubauen und dafür verschiedene Teilleistungen zu vergeben. Die Herstellung der Triebwagen mit Akkus auf dem Dach hatte der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein bereits 2019 an die Firma Stadler vergeben. Solche Fahrzeuge erreichen im reinen Batteriebetrieb eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h.
Im Mai 2020 startete die Nahverkehrsgesellschaft des Landes Schleswig-Holstein (NAH.SH) dann die Ausschreibung für den Betrieb der Akkuzüge im Auftrag des Landes und der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen. In Schleswig-Holstein sollen 10,4 Millionen Zugkilometer auf elf Bahnlinien im Akkubetrieb absolviert werden. Diese teilte die NAH.SH in ihrer Ausschreibung in drei Lose. Gerade auch mit einer solchen Losvergabe sollte ein möglichst starker Wettbewerb erreicht werden. Außerdem verfügte die NAH.SH eine Loslimitierung, um auszuschließen, dass die beiden großen Lose Ost und Nord zusammen an ein Verkehrsunternehmen vergeben werden.
Nach der Auswertung der Angebote zeigte sich, dass der bisherige Betreiber und »Platzhirsch«, die DB Regio AG, bei keinem der ausgeschriebenen Lose im Wettbewerb erfolgreich war. Das Los Nord sollte nach den Auswertungen der Auftraggeberin an das Eisenbahnverkehrsunternehmen RDC Autozug Sylt GmbH (RDC) mit Sitz auf Sylt gehen. RDC betreibt in Schleswig-Holstein bereits erfolgreich den blauen Autozug Sylt, den Güterzug Schleswig-Holstein (GSH) und den internationalen Fernverkehrsnachtzug Alpen-Sylt Nachtexpress (NEX).
Dies wollte die DB Regio nicht hinnehmen und zog wegen aller drei Lose vor die Vergabekammer Schleswig-Holstein, um die Rechtmäßigkeit der Vergabe prüfen zu lassen. Dies blieb allerdings in der ersten Instanz ohne Erfolg. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag umfassend zurück. Für die Verteidigung ihrer Rechte setzte RDC auf die Unterstützung von Leinemann Partner. DB Regio legte gegen die Entscheidung der Vergabekammer sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Schleswig ein. Nach einem Hinweis des Gerichts nahm DB Regio dann allerdings die Beschwerde zu den Losen Ost und Ost-West zurück, weil das Gericht hier keine Erfolgsaussichten attestierte. Beim Los Nord war das Gericht sich nach einer vorläufigen rechtlichen Bewertung allerdings nicht sicher, ob die von RDC vorgelegte Referenz den in den Vergabeunterlagen gestellten Anforderungen genügte. Dies hatte die Vergabekammer im Gleichklang mit den Bewertungen der Auftraggeberin noch eindeutig bejaht.
Nach einer engagierten mündlichen Verhandlung hat das OLG Schleswig-Holstein den Wettbewerb im Schienen-Personennahverkehr zugunsten des DB-Konzerns entschieden. Es wird hier also nicht mehr Wettbewerb durch die Berücksichtigung von Newcomern geben. Das Beschwerdegericht will die Eignungsanforderungen juristisch dahingehend auslegen, dass nur ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag als Referenz gemeint sein kann. Dies erscheint nicht gerade zwingend, zumal die Ausschreibung sich nicht an Juristen wendet und auch die Vergabekammer bereits die bieterfreundliche Auslegung bevorzugte. Auch die NAH.SH teilt diese Sichtweise des Gerichts nicht. Für RDC, den David unter den Bietern, eine ernüchternde Entscheidung.