Die Wahl des richtigen Streitbeilegungsverfahrens kann entscheidend sein, insbesondere bei komplexen Bauprojekten. Die LIST Bau Bielefeld GmbH & Co. KG, eine renommierte Totalunternehmerin, hat ein Bauvorhaben in Köln realisiert – ein modernes Bürogebäude mit sechs oberirdischen Geschossen und Teilunterkellerung, das insgesamt rund 6.340 m² Bruttogeschossfläche umfasst. Leider bezahlte der Bauherr die Schlussrechnung nicht.
Um langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen um die offene Forderung in Millionenhöhe zu vermeiden, entschieden sich die Hamburger Leinemann-Partner-Rechtsanwälte Thomas Hildebrandt, Monique Ruttmann, Carola Schad und Amneh Abu Saris gemeinsam mit der Mandantin, das vertraglich vereinbarte Schiedsgerichtsverfahren durchzuführen.
Die Vorteile des Schiedsverfahrens gegenüber staatlichen Gerichten
Ein Schiedsverfahren bietet zahlreiche Vorteile, die insbesondere im Bauwesen von großer Bedeutung sind. Einer der wesentlichsten Pluspunkte ist die beschleunigte Verfahrensführung. Während sich ein Prozess vor einem staatlichen Gericht über Jahre erstrecken kann, konnte die Schiedsklage unserer Mandantin bereits Ende Juni 2024 eingereicht werden, und der Termin zur mündlichen Verhandlung fand schon Ende November 2024 statt. Diese Schnelligkeit ermöglicht den Parteien eine rasche Klärung und Rechtssicherheit, was für wirtschaftlich agierende Unternehmen essenziell ist.
Ein weiteres herausragendes Merkmal des Schiedsgerichtsverfahrens ist die Fachkunde der Entscheider. Die Parteien haben die Möglichkeit, die Zusammensetzung des Schiedsgerichts mitzugestalten. Nach den maßgebenden Schiedsordnungen bestimmt jede Partei einen Schiedsgutachter, welche dann gemeinsam den Vorsitzenden des Schiedsgerichts wählen. Dieses Verfahren gewährleistet, dass die Entscheidungsträger über tiefgehendes baurechtliches und technisches Know-how verfügen – ein erheblicher Vorteil gegenüber staatlichen Gerichten, bei denen die Zuständigkeit nicht zwangsläufig auf spezifisches Fachwissen ausgerichtet ist.
Maßgeschneiderte Streitbeilegung mit hoher Vertraulichkeit und Flexibilität
Ein weiteres Argument für die Durchführung eines Schiedsgerichtsverfahrens ist die Vertraulichkeit. Während Gerichtsprozesse vor staatlichen Instanzen in der Regel öffentlich sind, bleiben Schiedsverfahren vertraulich. Bei mündlichen Verhandlungen muss der Öffentlichkeitsgrundsatz nicht eingehalten werden, was für Unternehmen mit sensiblen Geschäftsgeheimnissen ein wichtiger Vorteil ist.
Zusätzlich bietet das Schiedsverfahren eine hohe Flexibilität. Die Parteien können frei entscheiden, in welchem Land und in welcher Sprache das Verfahren stattfinden soll. Diese internationale Ausrichtung macht Schiedsgerichte insbesondere für Unternehmen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen besonders attraktiv.
Ein entscheidender weiterer Vorteil ist die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen. Diese sind in der Regel endgültig und nur in Ausnahmefällen anfechtbar. Dadurch entfällt ein weiteres Verfahren wegen einer möglichen Berufung gegen das Urteil, was wiederum Zeit und Kosten spart. Trotz der begrenzten Anfechtungsmöglichkeiten ist ein Schiedsgerichtsurteil vollstreckbar und kann auch international durchgesetzt werden.
Ein Nachteil liegt darin, dass Streitverkündungen an beteiligte Nachunternehmer nicht möglich sind. Diese können in einem Verfahren vor staatlichen Gerichten immer vorgenommen werden. Die maßgebenden Schiedsordnungen sehen zwar auch die Möglichkeit von Streitverkündungen vor. Diese Möglichkeit muss aber auch mit den Nachunternehmern vereinbart werden. Das kann schon in den Nachunternehmerverträgen, aber auch während oder nach Durchführung der Baumaßnahme geschehen. Dabei muss nur darauf geachtet werden, dass die Durchführung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens durchgängig mit allen am Bauvorhaben Beteiligten vereinbart wird.
Fazit
Das Schiedsverfahren hat sich in unserem Fall als die optimale Lösung erwiesen. Die kurze Verfahrensdauer, die hohe Fachkompetenz der Schiedsrichter, die vertrauliche Behandlung des Falls sowie die Flexibilität in Bezug auf Sprache und Ort des Verfahrens bieten Bauunternehmen eine attraktive Alternative zum staatlichen Gerichtsweg. Zudem gewährleistet die Endgültigkeit des Schiedsspruchs eine schnelle Durchsetzbarkeit ohne langwierige Berufungs- und Revisionsverfahren. Gerade in der Baubranche, in der Streitigkeiten oft komplex und technisch anspruchsvoll sind, kann das Schiedsverfahren eine effiziente und wirtschaftlich sinnvolle Lösung sein. Unser Fall zeigt eindrücklich, wie Unternehmen durch ein maßgeschneidertes Schiedsgerichtsverfahren schneller zu ihrem Recht kommen können.