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Das passt alles klasse zusammen - Interview mit Christian v. Ulmenstein

Zum ersten Mal sind Leinemann Partner durch Zusammenschluss mit einer anderen Kanzlei gewachsen: Seit Sommer 2023 ist das Team um Christian von Ulmenstein von Ulmenstein Rechtsanwälte nun ein Leinemann-Team. Im Interview erzählt der Fachanwalt für Vergaberecht, wie es dazu kam und warum es gut ist.

Was bewegt einen in Hannover erfolgreichen Anwalt dazu, sich mit Leinemann Partner zusammenzutun, einem Wettbewerber und einer deutlich größeren Einheit?
In erster Linie ist da natürlich das professionelle und sympathische Umfeld, auf das mein Kollege David Müller und ich gestoßen sind, sowie das Gefühl, dass das für mich und das Team mit Blick auf die Zukunft eine großartige und wichtige Entwicklungsmöglichkeit darstellt. Mit der Bündelung unserer Kompetenzen heben wir auf beiden Seiten Synergien. Durch den Zusammenschluss mit unserer kleinen, spezialisierten Gruppe von Rechtsanwälten, die in ihrem Bereich schon seit vielen Jahren erfolgreich tätig ist, vergrößert sich das Beratungsangebot bei Leinemann Partner. Das passt so klasse zusammen – auch aus der Sicht meines Teams –,dass der Schritt fast eine logische Konsequenz war, um sich fortzuentwickeln.

Wie lange haben Sie an der Vereinigung gearbeitet?
Ralf Leinemann kenne ich schon lange, allerdings bisher immer auf der Gegenseite: Wir hatten Verfahren, bei denen wir uns als Auftraggeber-Vertreter und Auftragnehmer-Vertreter kennengelernt haben. Erste Überlegungen sind schon vor Längerem gewachsen. Aber wirklich konkret besprochen und umgesetzt haben wir es dann innerhalb von sechs Monaten. So ein großer Schritt wie dieser muss natürlich gut vorbereitet sein, mit vielen Einzelfragen in der Umsetzung, die im Vorhinein zu klären sind. Wir haben zum Beispiel eine Vielzahl von Mandanten, die mit übertragen werden sollten und wobei es erforderlich war, sich zunächst ein umfassendes Bild davon zu machen, wie eine Übertragung stattfinden könnte. Die Zeit für eine saubere Umsetzung haben wir uns natürlich genommen.

Wie kann man sich das mit der Mitnahme der Mandanten vorstellen?
Uns war es sehr wichtig, bei unseren Mandanten, mit denen uns eine langjährige, sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit verbindet, deutlich zu machen, dass wir auch weiterhin direkt für sie zur Verfügung stehen und nicht im Rechtsberatungspool einer Großkanzlei untergehen. Unsere Mandanten haben die geplante Vereinigung als einen Kompetenzzugewinn und eine Weiterentwicklung wahrgenommen. Die Mandatsbindung hat dieser Prozess sogar noch einmal gefestigt. Zu unserer Freude sind dann sämtliche Beratungsverträge übertragen worden – wir haben nicht einen einzigen Mandanten, der diesen Weg nicht mitgegangen ist. Das motiviert und gibt ordentlich Rückenwind. Zudem wurden wir bei Leinemann Partner dann in der Umsetzung auch von allen Seiten bestens unterstützt. Wir wurden sehr herzlich empfangen und freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit unseren neuen Kolleginnen und Kollegen.

Welche besondere Expertise bringen Sie ein? Sie gelten als Experte für Postvergaben.
Auch in Zeiten der elektronischen Kommunikation ist der Postverkehr der öffentlichen Hand kaum geschrumpft. Nach wie vor findet hierzulande die Kommunikation zwischen der Verwaltung und dem Bürger auf dem Postwege statt. Und immer dann, wenn die öffentliche Verwaltung diese Dienstleistungen beschafft, ist das Ganze auszuschreiben. Zudem ist der Markt gesetzlich reguliert, und mit der Post AG gibt es einen großen Player. Sie beherrscht mit ihren Töchtern den Postsektor zu ungefähr 85 Prozent. Ihr gegenüber stehen eine Vielzahl mittelgroßer und kleinerer Postdienstleistungsunternehmen. Und in dem Moment findet dann auch Vergaberecht statt: Ausschreibende Stellen sowie die Bieter haben die besonderen Marktverhältnisse zu berücksichtigen. Einer wettbewerblich orientierten und rechtskonformen Ausschreibung kommt damit – wie auch in anderen Beschaffungsbereichen – große Bedeutung zu. Mit unserer Expertise ergänzen wir das Beratungsangebot von Leinemann Partner nun.

Auch wenn die Digitalisierung in Deutschland langsamer voranschreitet als anderswo, scheint die Post doch ein schrumpfender Sektor zu sein. Warum halten Sie das nach wie vor für ein erstrebenswertes Geschäft?
Bemerkenswerterweise sinken in Deutschland die Sendungsmengen gar nicht so erheblich, und so leitet die öffentliche Hand Jahr für Jahr und bis heute etwa 250 (!) neue öffentliche Ausschreibungsverfahren ein, die die Briefzustellung betreffen. Wichtige öffentliche Kommunikation findet hierzulande auf dem Papierwege in den Briefkasten statt. In Dänemark beispielsweise ist jeder Bürger verpflichtet, einen persönlichen elektronischen Briefkasten für Sendungen der Verwaltung vorzuhalten. Die gesamte öffentliche Kommunikation findet verpflichtend online statt. Das ist bei uns nicht der Fall, und das wäre bei uns, nehme ich an, auch derzeit noch kaum umzusetzen. Zudem stehen im Postgesetz große Änderungen an. Das Porto wird laufend erhöht, auf der anderen Seite sollen Leistungspflichten sinken. Es soll zugleich der postalische Universaldienst sichergestellt werden.

Was nun das Vergaberecht betrifft, bleiben die Fragen im Postsektor im Hinblick auf wettbewerbsfreundliche Ausschreibungen also spannend: Wie ist wettbewerbsorientiert auszuschreiben? Wie sind die Leistungen aufzuteilen? Welche Leistungsanforderungen sollen wie zur Sicherstellung der Versorgung gestellt werden? Wie ist mit Portoerhöhungen umzugehen?

All dies sind Umstände und Fragen, die bei allen öffentlichen Ausschreibungen nach wie vor eine Rolle spielen und die vergaberechtlich auch in Zukunft zu erfassen sind.

Zur Person:

Dr. Christian v. Ulmenstein gründete 2008 die auf Regulierungsrecht und Vergaberecht ausgerichtete Kanzlei Ulmenstein Rechtsanwälte. Seit 2023 ist der Fachanwalt für Vergaberecht bei Leinemann Partner in Berlin tätig und berät und betreut Bieter und Vergabestellen bei der Beteiligung an und Durchführung von öffentlichen Ausschreibungen.