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Mietausfallschäden zukünftig leichter durchsetzbar? – Anforderungen an die Darlegung von Verzugsschäden dürfen laut BGH nicht überspannt werden

BGH, Beschluss vom 19.03.2025 – VII ZR 231/23

Mit seiner Entscheidung vom 19.03.2025 hat der BGH die Rechte von Auftraggebern bei der Geltendmachung von Mietausfallschäden gestärkt und klargestellt, dass die Anforderungen an die Darlegung eines Verzugsschadens nicht überspannt werden dürfen. Bislang waren die Gerichte bei der Anerkennung solcher Schäden eher zurückhaltend gewesen.

Was war passiert?

Die Klägerin (Auftragnehmerin) und die Beklagte (Auftraggeberin) schlossen einen Generalunternehmervertrag über Bauleistungen an einem Gebäude. Der Vertrag sah unter anderem eine Fertigstellung des Projekts bis zum 19.10.2019 vor, den die Klägerin jedoch nicht einhielt. Mit ihrer Klage machte sie offene Werklohnansprüche gegenüber der Beklagten geltend. Diese forderte widerklagend Schadensersatz, unter anderem wegen Mietausfallschäden zzgl. Zinsen und Avalgebühren, aufgrund der entstandenen Bauzeitverzögerungen. Die Vermietung an einzugsbereite Mietinteressenten habe sich nur aufgrund der verspäteten Fertigstellung durch die Klägerin verzögert, so die Beklagte.

Das Berufungsgericht hatte die Widerklage der Beklagten ohne Begründung abgewiesen.

Inhalt der Entscheidung

Mit Beschluss vom 19.03.2025 hat der BGH der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten teilweise stattgegeben. Das Urteil des OLG München vom 31.10.2023 wurde damit im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage der Beklagten hinsichtlich des geltend gemachten Mietausfallschadens, zzgl. Zinsen und Avalgebühren, abgewiesen worden war. 

Nach Ansicht des BGH hat das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Die Beklagte habe vorgetragen, dass infolge des Überschreitens des vereinbarten Fertigstellungstermins eine Vermietung an einzugsbereite Mietinteressenten erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich gewesen sei und dies anhand einer konkreten Übersicht der jeweils in Aussicht genommenen Vermietungen und der tatsächlich geschlossenen Mietverträge, unter Darlegung der jeweils entgangenen Mieten, dargelegt und unter Beweis gestellt. Zum weiteren hypothetischen Verlauf der Dinge habe die Beklagte keinen weiteren Vortrag halten müssen.

Das Vorbringen der Beklagten habe das Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genommen und nicht in Erwägung gezogen. Die Abweisung der Ansprüche sei entgegen § 547 Nr. 6 ZPO auch nicht begründet worden. Ein anderer Senat des OLG München muss nun im Umfang der erfolgten Aufhebung neu über die Sache verhandeln und entscheiden.

Praxishinweis

Mit dieser Entscheidung stärkt der BGH die Position von Auftraggebern. Machen diese künftig Mietausfallschäden geltend, so genügen sie ihrer Darlegungslast, wenn sie vortragen, dass infolge des Überschreitens des vereinbarten Fertigstellungstermins eine Vermietung an einzugsbereite Mietinteressenten erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich gewesen sei und dies anhand einer Übersicht unter Beweis stellen. Zum weiteren hypothetischen Verlauf müssen sie nicht vortragen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies für Auftragnehmer, dass sich die Wichtigkeit, die Vertrags- und Bauablaufdokumentation zu Behinderungen sorgfältig zu führen, erhöht hat, um sich im Streitfalle haftungsrechtlich entlasten zu können.

Autor

Aline Eßers

Aline Eßers

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