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Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrages

BGH, Urteil vom 25.08.2016 - VII ZR 193/13
Das Gericht muss, wenn bei einem gekündigten Pauschalpreisvertrag der Auftragnehmer prüfbar abgerechnet hat, in die Sachprüfung eintreten, ob und in welcher Höhe die geltend gemachte Werklohnforderung berechtigt ist. Hat der Auftraggeber die Richtigkeit der Schlussrechnung substantiiert bestritten, ist hierüber Beweis zu erheben (Anschluss an BGH, Versäumnisurteil vom 13.07.2006 - VII ZR 68/05, BauR 2006, 1753 = NZBau 2006, 637 = IBR 2006, 539).*)
Der Kläger (Kl.) fordert als Insolvenzverwalter für einen Generalunternehmer (GU) vom beklagten Auftraggeber (Bekl.) die Zahlung restlichen Werklohns aus einem Generalunternehmervertrag für die Errichtung von vier Mehrfamilienhäusern zu einem Pauschalpreis von EUR 1.985.000,00. Von Juni 2006 bis April 2007 erbrachte der GU einen Großteil der vertraglichen Leistungen, bevor er im April 2007 insolvent wurde. Der Bekl. kündigte daraufhin den Vertrag mit sofortiger Wirkung. Im Juni 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des GU eröffnet und der Kl. zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Parteien erstellten nach einer Begehung im Mai 2007 eine als "Bautenstandbericht" überschriebene Liste, hinsichtlich derer streitig ist, ob diese lediglich den Bautenstand dokumentieren sollte oder eine Mängelliste darstellte. Der Kl. legte eine Schlussrechnung über die vom GU erbrachten Leistungen vor, aus der er vor dem Landgericht nach Abzügen für näher bezeichnete Mängel und der vom Bekl. bereits geleisteten Zahlungen noch einen Betrag in Höhe von EUR 213.781,24 geltend macht. Das Landgericht hat den Bekl. zur Zahlung in Höhe von EUR 213.781,24 verurteilt. Die Berufung des Bekl. ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Bekl. seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Mit Erfolg. Der BGH hebt das Urteil des OLG auf und verweist die Sache zurück. Nicht zu beanstanden war, dass der Bekl. im Hinblick auf den vom GU gestellten Insolvenzantrag gemäß § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B (2002) zur Kündigung des Generalunternehmervertrags berechtigt gewesen ist (vgl. BGH, Urt. v. 07.04.2016 - VII ZR 56/15, Neues zum Baurecht 3/2016) und dem GU lediglich ein Vergütungsanspruch für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nach § 631 Abs. 1 BGB zusteht. Die Schlussrechnungsforderung war inhaltlich auch schlüssig dargetan. Rechtlich verfehlt war dagegen die Auffassung des OLG, der Bekl. habe die Richtigkeit der vom Kl. zur Abrechnungsgrundlage gemachten Kalkulation nicht hinreichend bestritten. Nach der Rechtsprechung des BGH muss das Gericht, wenn bei einem gekündigten Pauschalpreisvertrag der Auftragnehmer prüfbar abgerechnet hat, in die Sachprüfung eintreten, ob und in welcher Höhe die geltend gemachte Werklohnforderung berechtigt ist. Hat der Auftraggeber die Richtigkeit der Schlussrechnung substantiiert bestritten, ist hierüber Beweis zu erheben (st. Rspr.; vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 13.07.2006 - VII ZR 68/05, BauR 2006, 1753, 1754; Urt. v. 25.11.2004 - VII ZR 394/02, BauR 2005, 385, 386). Entgegen der Auffassung des OLG ist für ein solches Bestreiten dagegen nicht zu verlangen, dass der Auftraggeber eine vollständige Gegenrechnung vornimmt. Danach hat der Bekl. die inhaltliche Richtigkeit der vom Kl. erstellten Schlussrechnung hinreichend bestritten. Er hat unter Vorlage verschiedener Angebote einzelner Handwerksunternehmer geltend gemacht, dass die für die erbrachten Leistungen angesetzten Einheitspreise überhöht seien. Hiermit hat der Bekl. den an ein substantiiertes Bestreiten zu stellenden Anforderungen genügt. Das OLG war daher gehalten, über die vom Kl. geltend gemachte Forderung Beweis zu erheben.
Fazit
Die Abrechnung eine gekündigten Pauschalpreisvertrages bleibt eine der schwierigsten Aufgabenstellungen für den Auftragnehmer. Auch eine geglückte schlüssige Abrechnung allein führt noch nicht zum Erfolg. Der BGH weist das OLG insofern für die weitere Sachverhaltsaufklärung daraufhin, dass seine Begründung, mit der es die vom Bekl. zur Aufrechnung gestellten Kosten für die Restfertigstellung und für die Mängelbeseitigung zurückgewiesen hat, auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht tragfähig ist. Die vom OLG geforderte Darlegung des Umfangs der Mängelbeseitigungskosten einerseits und der Fertigstellungsmehrkosten andererseits ist nur geboten, wenn lediglich die Voraussetzungen für einen Anspruch des Bekl. auf Ersatz der Fertigstellungsmehrkosten nach § 8 Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 VOB/B (2002), nicht jedoch für einen Anspruch auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B (2002) vorliegen (vgl. BGH, Urt. v. 08.10.1987 - VII ZR 45/87, BauR 1988, 82, 83 f.). Dies hatte das OLG bislang nicht festgestellt.

Autor

Dr. Thomas Hildebrandt

Dr. Thomas Hildebrandt

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