News | Newsletter | Neues zum Baurecht 05/2025
Zwangsvollstreckung des Anspruchs auf Bauhandwerkersicherung
Gemäß § 650f Abs. 1 BGB kann der Auftragnehmer einer Bauleistung von seinem Auftraggeber verlangen, dass dieser seine ausstehenden Vergütungsforderungen sichert. Während die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs in Rechtsprechung und Literatur intensiv diskutiert werden, stellt sich in der Praxis eine ebenso bedeutsame Frage: Wie wird dieser Anspruch im Vollstreckungsverfahren durchgesetzt, wenn der Auftraggeber der Sicherungsverpflichtung nicht freiwillig nachkommt? Hierzu hat der BGH in seinem Beschluss vom 20.08.2025, VII ZB 4/25, wichtige Klarstellungen geliefert.
Vollstreckung als vertretbare Handlung
Zunächst bestätigt der BGH die bisherige Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte (siehe etwa OLG Schleswig, Urt. V. 06.09.2023, 12 U 59/23; OLG Karlsruhe, Urt. V. 11.10.2016, 8 U 102/16), dass der Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung eine vertretbare Handlung betrifft und somit gem. § 887 ZPO vollstreckt wird. Der Gläubiger (also der Auftragnehmer, der die Bauhandwerkersicherung verlangt) kann die Handlung (die Stellung der Sicherheit) somit selbst vornehmen und vom Schuldner (dem Auftraggeber) die erforderlichen Kosten ersetzt verlangen. Alternativ kann er gem. § 887 Abs. 2 ZPO auf Vorschuss der notwendigen Kosten klagen.
Letzteres ist besonders brisant, weil das Wahlrecht in Bezug auf die zu stellende Sicherheit mit Beginn der Zwangsvollstreckung auf den Auftragnehmer-Gläubiger übergeht. Auch hier bestätigt der BGH die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (siehe etwa OLG Hamm, Urt. v. 09.01.2019, 12 U 123/18; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.04.2015, 5 W 24/15).
Besonders beliebt ist es in der Praxis, die Sicherheitsstellung durch Hinterlegung zu fordern. Dabei klagt der Auftragnehmer-Gläubiger auf Vorschuss, um die Hinterlegung selbst vornehmen zu können. Im Wege der Zwangsvollstreckung der Bauhandwerkersicherung erhält er nun einen Zahlungsanspruch gegen den Auftraggeber-Schuldner, der auch streitige Nachtragsforderungen mit umfassen kann (siehe hierzu ausführlich Homann/Köhler, NZBau 2024, 136).
Zahlung an den Auftragnehmer-Gläubiger selbst?
Äußerst umstritten war diesbezüglich, ob die Zahlung der zur Hinterlegung notwendigen Summe direkt an die Hinterlegungsstelle oder an den Auftragnehmer-Gläubiger zu richten ist. Auffassung des Beschwerdegerichts:
Das OLG Karlsruhe, dessen Entscheidung der BGH im hier kommentierten Beschluss zu prüfen hatte, vertritt die Ansicht, dass der Auftragnehmer-Gläubiger die Vorauszahlung nur an die Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts verlangen könne, nicht jedoch an sich selbst. Diese Auffassung stützt sich insbesondere auf die Erwägung, dass der Auftragnehmer-Gläubiger innerhalb der Zwangsvollstreckung nicht mehr erhalten dürfe als er materiell-rechtlich beanspruchen könne: § 650f BGB spreche nur eine Sicherung zu und gerade keine Zahlung. Zumal der Auftragnehmer-Gläubiger eine Direktzahlung auch zweckentfermden könne. Anstatt sie an die Hinterlegungsstelle zu überweisen, könne er die Mittel anderweitig verwenden. Es bestünde außerdem die Gefahr, dass seine eigenen Gläubiger die zur Weiterleitung an die Hinterlegungsstelle bestimmte Summe pfänden.
Auffassung des BGH:
Die gegenteilige Auffassung, für die sich der BGH entscheidet, vertritt den Standpunkt, dass der Auftragnehmer-Gläubiger die Vorauszahlung an sich selbst verlangen könne. Diese Ansicht stützt sich maßgeblich auf den Wortlaut von § 887 Abs. 2 ZPO, der nach allgemeiner Auffassung von einer Zahlung an den Gläubiger selbst ausgeht und nicht weiter zwischen verschiedenen Arten zu vollstreckender Ansprüche differenziert. Außerdem stellt sie darauf ab, dass der Auftragnehmer-Gläubiger zur zweckentsprechenden Verwendung der erhaltenen Zahlung verpflichtet sei. Das Risiko einer Pfändung der an den Auftragnehmer-Gläubiger gezahlten Summe sei der Regelung in § 887 Abs. 2 ZPO immanent. Der Auftraggeber-Schuldner sei durch den ihm zustehenden Abrechnungs- und Rückzahlungsanspruch ausreichend geschützt.
Auswirkungen auf die Praxis
Dass sich der BGH für die letztgenannte Ansicht entscheidet und dem Auftragnehmer-Gläubiger einen Anspruch auf Zahlung der zur Hinterlegung notwendigen Summe an ihn selbst zuspricht, ist dogmatisch stringent. In der Tat differenziert § 887 Abs. 2 ZPO nicht zwischen verschiedenen Ansprüchen.
Für den betroffenen Auftraggeber ist diese Lösung jedoch gleichsam überraschend wie riskant. Ist es ohnehin schon schwer zu fassen, dass der Auftraggeber seinem Auftragnehmer plötzlich eine horrende Summe zahlen soll, obwohl gar nicht klar ist, ob die geltend gemachten Ansprüche tatsächlich bestehen, treffen den Auftraggeber zweifellos die von der Gegenansicht evozierten Risiken. In der Praxis kann diesen Risiken nur dadurch begegnet werden, dass es nicht zu einer Zwangsvollstreckung des Anspruchs gem. § 650f BGB kommt. Soweit möglich, sollte der Sicherungsanspruch des Auftragnehmers stets befriedigt werden (zum Umgang mit dem erhaltenen Sicherungsverlangen siehe Droop/Mattern, NZBau 2024, 536).