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Grundstückskaufvertrag: Muss der Verkäufer über beseitigte Mängel informieren?

Bei dem Verkauf eines Grundstücks ist der Verkäufer verpflichtet, den Käufer – auch ungefragt – auf besonders wichtige Umstände, die für den Käufer für dessen Kaufentscheidung offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, hinzuweisen. Unterlässt er den Hinweis auf einen offenbarungspflichtigen Mangel, handelt er arglistig und kann sich auf den üblicherweise vereinbarten Ausschluss der Mängelhaftung nicht berufen, § 444 BGB. In diesem Fall drohen dem Verkäufer nicht nur ganz erhebliche Schadensersatzansprüche, sondern auch die Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages. Angesichts dieses Risikos sollte der Verkäufer in einer Transaktion sorgfältig prüfen, welche Umstände von ihm tatsächlich offengelegt werden müssen. Diese Prüfung ist nicht immer einfach. Zu den ungefragt zu offenbarenden Mängeln hat sich in der Rechtsprechung eine umfangreiche Einzelfall-Kasuistik entwickelt. Im letzten Jahr sind nun drei neue höchstrichterliche Entscheidungen ergangen, die sich der Frage widmen, ob der Verkäufer verpflichtet ist, den Kaufinteressenten auf bereits beseitigte Mängel hinzuweisen.

Der ersten Entscheidung (BGH, Urteil vom 19.02.2016 – V ZR 216/14) lag der Fall zu Grunde, dass der Verkäufer eines Hausgrundstücks vor Kaufvertragsabschluss ein Fachunternehmen mit der umfassenden Beseitigung eines Holzbock-Befalls beauftragt hatte. Diese Sanierungsmaßnahme ließ der Verkäufer bei den Kaufvertragsverhandlungen unerwähnt. Nach Kaufvertragsabschluss stellte sich heraus, dass die Sanierungsmaßnahme nicht den gewünschten Erfolg hatte und der Holzbock nicht vollständig beseitigt war. Dies hatte der Verkäufer nicht überprüft. Der BGH urteilte nun, dass der Holzbock-Befall erkennbar ein kaufentscheidender Umstand war und folglich eine Pflicht zur Aufklärung über den Holzbock-Befall bestand. Der Verkäufer habe diese Aufklärungspflicht jedoch nicht vorsätzlich verletzt. Denn weder kannte der Verkäufer den Mangel noch konnte er ihn für möglich halten oder in Kauf nehmen. Gerade weil der Verkäufer ein Fachunternehmen mit der Beseitigung des Mangels beauftragt hatte, musste er sich keine Kenntnis vom Erfolg der Sanierungsbemühungen verschaffen. Anders wäre es nur dann, wenn der Verkäufer konkrete Umstände gehabt hätte, die den Verdacht begründen, die Mängelbeseitigung habe keinen Erfolg gehabt. In diesem Fall hätte der Verkäufer solche Umstände offenlegen müssen. Unterlässt er dies, handelt er arglistig. 

Der zweiten Entscheidung (BGH, Urteil vom 24.04.2016 – V ZR 23/15) lag folgender Fall zu Grunde: entgegen der Angaben im Maklerexposé „Das massive Architektenhaus wurde 1999/2000 errichtet“ war das Haus unter Einbeziehung einer alten, bereits vorhandenen Außenwand gebaut worden. Diese wies eine höhere Schadensanfälligkeit und Wärmedurchlässigkeit auf. Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil fest, dass Arglist nur bejaht werden kann, wenn die Verkäufer Kenntnis von der Einbeziehung der alten Wand in das Wohnhaus hatten und wenn sie gewusst oder für möglich gehalten haben, dass ein durchschnittlicher Käufer die Angaben, dass das Haus 1999/2000 errichtet wurde, angesichts der alten Wand für unzutreffend hält. Dabei bestätigte der BGH, dass hierbei zu berücksichtigen sei, dass der Verkäufer, der eine Fachfirma beauftragt, grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen Vorgehen des Unternehmens ausgehen kann. 

Die dritte Entscheidung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.09.2016 – 4 U 171/10) beruhte auf folgendem Sachverhalt: Vor Abschluss des Kaufvertrages war Feuchtigkeit in den Keller eingetreten. Der Verkäufer ließ den Keller daraufhin sanieren. Bis zum Verkauf bemerkte der Verkäufer keine Feuchtigkeit mehr. Nach Abschluss des Vertrages stellte sich heraus, dass die Sanierungsmaßnahme mangelhaft ausgeführt worden war; im Keller kam es zu einem Wassereinbruch. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass sich nicht aufklären lasse, ob der Verkäufer zum Zeitpunkt der Kaufvertragsunterzeichnung Kenntnis von Umständen gehabt hatte, die es als möglich ansehen lassen, dass die Sanierung nicht erfolgreich ausgeführt worden war. Diese Unklarheit ging zu Lasten der Käufer, da diese die Beweislast trugen. Der Verkäufer durfte sich demnach – mangels anderer Anhaltspunkte – darauf verlassen, dass die Sanierungsarbeiten fachgerecht und erfolgreich durchgeführt wurden, so wie ihm dies durch einen Sachverständigen bestätigt wurde, der die Baumaßnahme begleitet hatte. Arglistiges Verhalten lehnte das Gericht daher ab.

Fazit:

Beauftragt der Verkäufer ein Fachunternehmen muss er den Käufer vor Kaufvertragsabschluss nicht über beseitigte, wesentliche Mängel aufklären. Bestehen aber Anhaltspunkte, die nahelegen, dass die Mängelbeseitigung möglicherweise nicht erfolgreich war, so muss der Verkäufer diese dem Käufer offenlegen. In der Praxis sollte der Verkäufer die von ihm offengelegten Mängel stets sorgfältig dokumentieren. Bei umfangreicheren Unterlagen hat sich dabei bewährt, dem Notar eine DVD mit allen, dem Käufer offenbarten Dokumenten zu übergeben und eine Regelung in den Kaufvertrag aufzunehmen, dass der Käufer positive Kenntnis im Sinne von § 442 BGB vom Inhalt dieser Dokumente hat.

Autor

Michael Göger, LL.M.

Michael Göger, LL.M.