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Das „urbane Gebiet“ – Ein neuer Gebietstypus für die Baunutzungsverordnung

Im Juni dieses Jahres legte das Bundesbauministerium einen Gesetzesentwurf vor, mit dem das „urbane Gebiet“ als neuer Gebietstypus in die Baunutzungsverordnung aufgenommen werden soll. Mit dem neuen Gebietstyp wird den Kommunen, laut Gesetzesbegründung, „– zur Erleichterung des Planens und Bauens in innerstädtischen Gebieten – ein Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem sie planerisch die nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege verwirklichen können.“ Zudem soll das urbane Gebiet eine hohe Bebauungsdichte zulassen. Flankiert wird die Einführung des neuen Gebietstypus in der Baunutzungsverordnung von Änderungen in der TA Lärm, mit denen für das neue Gebiet hohe Emissionsrichtwerte festgelegt werden. Der Gesetzesentwurf wurde von der Bundesregierung am 30.11.2016 beschlossen. Hieran schließt sich das förmliche Gesetzgebungsverfahren an. Das Gesetz soll im Oktober 2017 in Kraft treten.

Laut dem neu in die Baunutzungsverordnung einzufügenden § 6 a dienen urbane Gebiete „dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben sowie sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen in kleinräumiger Nutzungsmischung, soweit diese Betriebe und Einrichtungen die Wohnnutzung nicht wesentlich stören.“ Zulässig sind demnach u. a.:

-     Gebäude die zu einem erheblichen Anteil aber nicht ausschließlich dem Wohnen dienen,

-     Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,

-     sonstige Gewerbebetriebe,

-     Anlagen für Verwaltungen sowie kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,

-     Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind.

Gebäude die ausschließlich dem Wohnen dienen, können demgegenüber nur ausnahmsweise zugelassen werden. Und auch Wohnungen im Erdgeschoss sind straßenseitig nur ausnahmsweise zulässig.

Das urbane Gebiet ist damit inhaltlich und gesetzessystematisch zwischen den Gebietstypen „Kerngebiet“ und „Mischgebiet“ einzuordnen. Anders als urbane Gebiete dienen Kerngebiete jedoch vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung oder der Kultur und grundsätzlich nicht auch dem Wohnen. Vom Mischgebiet grenzt sich das urbane Gebiet durch die in urbanen Gebieten vorgeschriebene kleinräumige Nutzungsmischung ab. In Mischgebieten gibt es diese Voraussetzung nicht. Dort wird vielmehr ein „ausgewogenes Mischverhältnis“ von Wohnen und gewerblicher Nutzung verlangt. In der Praxis kann eine Abgrenzung zum Mischgebiet jedoch durchaus Probleme bereiten, zumal der Begriff der kleinräumigen Nutzungsmischung im Bauplanungsrecht neu und damit interpretationsoffen ist. Mit der Festlegung hoher Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung in urbanen Gebieten setzt der Gesetzgeber das Ziel einer Nachverdichtung in Innenstadtlagen um. Mit einer maximalen Grundflächenzahl von 0,6 und einer Geschossflächenzahl von 3,0 liegt das urbane Gebiet über den Obergrenzen für Misch- und Kerngebiete. Daneben ergeben sich aus den vorgeschlagenen Änderungen zur TA Lärm auch deutlich höhere zulässige Emissionsrichtwerte. Mit einem db(A)-Wert von 63 tags und 48 nachts liegen die Werte nur knapp unter denen für Gewerbegebiete (65 db(A) tags, 50 db(A) nachts). Dahinter steht die Idee, dass Belastungen durch einen höheren Geräuschpegel angesichts der Attraktivität des dichten, nutzungsgemischten urbanen Gebiets in Kauf genommen werden können. Ob gerade die Nachtwerte noch einen gesunden Schlaf ermöglichen, ist jedoch nicht unbestritten (siehe hierzu Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer Nr. 20/2016). Zwar können in einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB auch passive Schallschutzmaßnahmen, wie etwa Schallschutzfenster, vorgeschrieben werden; allerdings ist die Auffassung, man könne gerade im Falle von Gewerbelärm Immissionskonflikte mit Festsetzungen von Schallschutzmaßnahmen im Bebauungsplan begegnen, durchaus umstritten (siehe Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer Nr. 20/2016 mit weiteren Hinweisen).

Fazit:

Zusammenfassend ist jedoch festzustellen, dass der Gesetzgeber mit der geplanten Gesetzesänderung den Kommunen eine spannende Möglichkeit eröffnet, neuen und attraktiven Wohnraum in nutzungsgemischten Innenstadtbereichen zu schaffen. Die Stadtquartiere sollten davon profitieren.

Autor

Michael Göger, LL.M.

Michael Göger, LL.M.