News | Newsletter | Neues zum Immobilienrecht 02/2016
Immer wieder Schriftform: Wann ist die Anmietung eines Kellerraums wesentlicher Bestandteil eines Mi
Zur Wahrung der Schriftform gemäß § 550 BGB müssen sich alle wesentlichen Vereinbarungen der Parteien hinreichend bestimmbar aus der Mietvertragsurkunde ergeben. Bei der zusätzlichen Anmietung eines Kellerraums handelt es sich um einen für beide Vertragsparteien wesentlichen Umstand, wenn der Mieter auf die dauerhafte Nutzung wirtschaftlich angewiesen ist. Die nur mündlich vereinbarte Kellernutzung begründet daher einen Schriftformmangel.
OLG Frankfurt, Urt. v. 27.04.2016 – 2 U 9/16, nicht rechtskräftig: Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt (XII ZR 53/16).
Die Klägerin (Vermieterin) macht mit der Räumungsklage die Herausgabe von Mieträumen geltend, die von der Beklagten (Mieterin) gewerblich als Zahnarztpraxis genutzt werden. Die vorangegangene Kündigung wurde auf einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB gestützt, weil der zwischen der Beklagten und der Voreigentümerin auf Zeit geschlossene Mietvertrag einen Kellerraum umfasst, der in der Vertragsurkunde nicht erwähnt wird. Zwar zählen Vereinbarungen über Lage und Größe eines Zubehörraums von untergeordneter Bedeutung nach Rechtsprechung des BGH zu den Regelungen von nebensächlicher, also unwesentlicher Bedeutung, die nicht der Schriftform bedürfen (BGH, Urt. v. 12.03.2008 - VIII ZR 71/07). Bei dem Kellerraum handelt es sich aber unstreitig um einen Raum, ohne den die Beklagte die Praxisräume nicht angemietet hätte. Die Beklagte wendet ein, der Kellerraum sei zu Beginn der Mietzeit nicht nutzbar gewesen. Auch habe sie für den Kellerraum keine (zusätzliche) Miete entrichten müssen.
Ohne Erfolg. Wie die Vorinstanz geht auch das Berufungsgericht davon aus, dass die Anmietung des Kellerraums neben den Praxisräumen einen für beide Vertragsparteien wesentlichen Umstand darstellt. Ob der Kellerraum bereits bei Abschluss des Mietvertrags über die Praxisräume oder erst später in den Mietvertrag mit aufgenommen wurde, hält das OLG für unerheblich. In beiden Konstellationen müsse aufgrund der nicht nur nebensächlichen Bedeutung des Kellerraums das Schriftformerfordernis gewahrt werden, was hier nicht der Fall ist. Dem stehe nicht entgegen, dass für den Kellerraum kein zusätzlicher Mietzins vereinbart wurde. Dieses Vorgehen der Parteien sei insbesondere nicht als Trennung der Vertragsverhältnisse (Miete für Praxis/Leihe für Keller) zu werten. Eine solche widerspreche der einheitlichen Nutzung von Praxis und Kellerraum sowie der hiermit verbundenen wirtschaftlichen Bedeutung. Ungeachtet dessen seien Fragen der Auslegung der vertraglichen Regelungen zur Miethöhe für die Einhaltung der Schriftform ohnehin nicht relevant, da sonst jede Vereinbarung einer unwirksamen Vertragsklausel zugleich zur ordentlichen Kündbarkeit des Mietvertrags führen würde. Auch sei das Berufen der Klägerin auf den Schriftformmangel nicht rechtsmissbräuchlich, weil gerade sie als Erwerberin vom Schutzzweck des § 550 BGB erfasst ist und sich der mitvermietete Kellerraum aus der Vertragsurkunde nicht ergab. § 550 BGB bezweckt jedoch gerade, dass der Erwerber allein aus der Vertragsurkunde Klarheit über Umfang und Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig erlangen kann (BGH, Urt. v. 24.02.2010 – XII ZR 120/06).
Fazit
Bei einem Zubehörraum von untergeordneter Bedeutung kann z. B. dessen Lage und Größe durchaus auch durch mündliche Nebenabrede konkretisiert werden. Ist ein Zubehörraum dagegen nicht von untergeordneter Bedeutung (z. B. aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung seiner Nutzung), muss sich dessen Mitvermietung aus der Vertragsurkunde ergeben, damit das Schriftformerfordernis des § 550 BGB gewahrt ist. Nach Ansicht des OLG spielt es dabei keine Rolle, ob ein solcher Raum von Anfang an oder erst später mitvermietet wird. Wer sich das Risiko einer Diskussion über die untergeordnete Bedeutung eines Raumes ersparen will, sollte stets die Schriftform wahren.
Weitere Artikel dieser Ausgabe
-
Zweckentfremdung von Zweitwohnungen
-
Das Vorkaufsrecht des Mieters nach Aufteilung und Begründung von Wohneigentum
-
Die Symptomrechtsprechung gilt auch im Gewerberaummietrecht
-
Erlöschen des Kündigungsrechts nach Ausgleich rückständiger Miete
-
Michael Göger, LL.M.: Das „urbane Gebiet“ – Ein neuer Gebietstypus für die Baunutzungsverordnung