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Gehört eine installierte Photovoltaikanlage zum Grundstück?

BGH Urteil vom 22.10.2021 – V ZR 69/20

Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die Frage, ob Module und die Unterkonstruktion einer Photovoltaikanlage, die bereits installiert sind, gesondert übereignet werden können oder schon wesentlich zum Grundstück bzw. zu der Photovoltaikanlage selbst gehören.

Im konkreten Fall stellte der BGH fest, dass die Module und die Unterkonstruktion nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden sind (§§ 93, 94 Absatz 1 BGB). Vielmehr sah der BGH die Regelung gemäß § 95 Absatz 1 BGB als einschlägig an. Nach dieser Vorschrift gehören solche Sachen gerade nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden sind. Da die Module nach Beendigung des Nutzungsvertrages wieder abgebaut werden sollten, lehnte der BGH die feste Verbindung mit dem Grundstück ab. Die Photovoltaikanlage ist auch kein Gebäude, sondern vielmehr eine technische Anlage, der es an der Vergleichbarkeit mit einem Gebäude fehlt. Denn der Begriff des Gebäudes setzt regelmäßig etwas mit klassischen Baustoffen Gebautes von einer gewissen Komplexität und Größe voraus. Eine Beseitigung führt dann gleichzeitig zum Verlust der Funktion des Gebäudes selbst. Hier befand sich die Photovoltaikanlage auf einem Gerüst ähnlichen Aufbau, das kein Gebäude darstellt.

Zwar konnte der BGH ausschließen, dass die Module samt Unterkonstruktion Bestandteil des Grundstücks geworden sind. Jedoch konnte das Gericht nicht ausschließen, dass die Module wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage selbst geworden sind. Das Oberlandesgericht stellte bei seiner Entscheidung nämlich auf den falschen Zeitpunkt ab. Der BGH stellt klar, dass es bei der Beurteilung, ob die Module wesentlicher Bestandteil der Photovoltaikanlage geworden sind und damit nachträglich Eigentum begründet werden konnte, auf den Zeitpunkt ankommt, in dem das Recht begründet werden soll.

Fazit:

Eine in der oben beschriebenen Bauweise errichtete Photovoltaikanlage wird nicht schon ohne weiteres Teil eines Grundstücks nur durch die Errichtung auf diesem. Wichtig ist dies nicht zuletzt für die Finanzierung der Anlagen durch Banken, da diese regelmäßig eine Übereignung der Anlagen zur Besicherung des Darlehens fordern werden. Abzuwarten bleibt, wie das Oberlandesgericht die restlichen noch offenen Fragen beantwortet. Der BGH gibt dem Oberlandesgericht mit dieser Entscheidung jedoch schon wesentliche Leitlinien vor.

Autor

Michael Göger, LL.M.

Michael Göger, LL.M.

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