Section-Image

News aus der LP-Welt

Pressemeldungen, Auszeichnungen, Veröffentlichungen, Seminare - wir halten Sie informiert

Wertung von Konzepten - Notenvergabe muss plausibel sein

Dem öffentlichen Auftraggeber steht bei der Bewertung und Benotung von Konzepten, die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung berücksichtigt werden sollen, ein Beurteilungsspielraum zu. Bei der Prüfung, ob die Grenzen dieses Beurteilungsspielraums eingehalten wurden, können die Vergabenachprüfungsinstanzen prüfen, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

BayObLG, Beschluss vom 07.05.2025, Verg 8/24

Die Antragsgegnerin (AG) betreibt ein kommunales Klinikum. Die Antragstellerin (ASt) und die Beigeladene (Beige) sind große, miteinander konkurrierende Einkaufsgemeinschaften im Gesundheitswesen. Die AG schrieb die Erbringung von Einkaufsdienstleistungen im Gesundheitswesen europaweit im offenen Verfahren aus. Zuschlagskriterium waren der Preis (Rückvergütung) mit einer Gewichtung von 30 % und die Servicequalität mit einer Gewichtung von 70 %. Im Rahmen der qualitativen Wertungskriterien sollten von den Bietern zu erstellende Konzepte bewertet werden. Die Vergabeunterlagen enthielten eine Wertungsmatrix mit näheren Informationen zu den Konzepten, deren Gewichtung und den pro Konzept maximal zu vergebenden Punkten. Vorzulegen waren sieben, teilweise in Unterkategorien weiter aufgeteilte Konzepte zu den Themen „Rückvergütung“, „Betreuung und Dienstleistung“, „Digitalisierung“, „innovative Produkte“, „Netzwerk und Weiterbildungsangebote“, „Lieferengpassmanagement“ sowie „Umstellungsprozess“.

Die ASt und die Beige gaben jeweils form- und fristgerecht ein Angebot ab. Nach deren Wertung teilte die AG der ASt mit, der Zuschlag solle auf das Angebot der Beige erteilt werden. Zwar bleibe das Angebot der Beige beim Zuschlagskriterium Preis hinter dem Angebot der ASt zurück, jedoch liege es bei der Bewertung der Konzepte so weit vorn, dass sich das Angebot der Beige als wirtschaftlicher erweise. Die ASt rügte erfolglos, dass die Vergabestelle bei der Bewertung der Konzepte die rechtlichen Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten und gegen das vergaberechtliche Diskriminierungsverbot sowie das Wirtschaftlichkeits-, Transparenz- und Verhältnismäßigkeitsgebot verstoßen habe, und stellte einen Nachprüfungsantrag.

Mit Erfolg! Die AG hat mehrere Konzepte vergaberechtswidrig bewertet, da sie den ihr hierbei zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten hat.

Bei der Prüfung und Bewertung der Angebote ist dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die Nachprüfungsinstanzen können diese Entscheidung nur daraufhin kontrollieren, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden. Der Auftraggeber ist nach § 8 Abs. 1 S. 2 VgV verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren.

Wird die Auswahlentscheidung zur Vergabenachprüfung gestellt, untersuchen die Vergabenachprüfungsinstanzen auch die Benotung des Angebots des Antragstellers als solches und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Die diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen sind insbesondere auch daraufhin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

Nach diesen Maßgaben hat die AG vorliegend bei der Wertung mehrere Konzepte ihren Beurteilungsspielraum überschritten.

Fazit

Die Entscheidung des BayObLG zeigt deutlich auf, dass dem öffentlichen Auftraggeber bei der qualitativen Bewertung von Konzepten zwar ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht. Die Entscheidung des Auftraggebers zur Bewertung mit einer bestimmten Punktzahl muss aber anhand der aufgestellten Anforderungen (Bewertungsmatrix) plausibel und nachvollziehbar sein. Hierbei sind alle Informationen aus dem eingereichten Angebot zugrunde zu legen und bei Anwendung einer vergleichenden Bewertung der Konzepte verschiedener Bieter eine Gesamtschau vorzunehmen. Kann aus der vom öffentlichen Auftraggeber vorgenommenen Dokumentation nicht plausibel entnommen werden, weshalb eine bestimmte Punktzahl vergeben wurde, widerspricht dieses Vorgehen vergaberechtlichen Grundsätzen. Öffentlichen Auftraggebern ist somit in jedem Fall zu empfehlen, bei qualitativen Bewertungen eine ausführliche, nachvollziehbare Dokumentation zu erstellen.

 

Autor

Anne Müller

Anne Müller

Weitere Artikel dieser Ausgabe

  • Meldungen

     

  • Dr. Helena Sitz: Unzulässige Bewertung nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip

     

  • Laura Maria Wloka: Vergaberechtswidrigkeit eines Bietungsfaktors

     

  • Aliena Metken: Zum Umgang mit Wissensvorsprüngen

     

  • Dr. Martin Büdenbender: Wertungsentscheidung erfordert Sachkunde