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Die Klausel in einem Bauträgervertrag, wonach der Bauträger die Auflassung erst erklären muss, wenn der Erwerber das Sonder- und Gemeinschaftseigentum abgenommen hat, benachteiligt den Erwerber unangemessen und ist unwirksam.

Die Klausel in einem Bauträgervertrag, wonach der Bauträger die Auflassung erst erklären muss, wenn der Erwerber das Sonder- und Gemeinschaftseigentum abgenommen hat, benachteiligt den Erwerber unangemessen und ist unwirksam.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.10.2016 - 19 U 108/14

nachfolgend: BGH, Beschluss vom 15.03.2017 - VII ZR 296/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

Die Klägerin hatte mit der Beklagten einen Bauträgervertrag über die Errichtung einer Eigentumswohnung geschlossen. Anscheinend hatte sich die Beklagte verkalkuliert. Kurz vor Fertigstellung forderte sie die Zahlung weiterer 100.000  (ca. 20 % des ursprünglichen Kaufpreises) für angebliche Sonderwünsche und machte davon den Weiterbau abhängig. Da die Klägerin nicht zahlte, baute die Beklagte nicht weiter und beseitigte keine Mängel. Die Klägerin kündigte die noch ausstehenden Leistungen und verklagte die Beklagte u.a. auf Erklärung der Auflassung, da sie sonst nicht Eigentümerin werden konnte.

Voraussetzung der Auflassung ist die Bezahlung der geschuldeten Vergütung durch den Erwerber. Diese muss nicht mit der im Vertrag vereinbarten Vergütung identisch sein, sie kann infolge von Minderungen oder Aufrechnungen geringer, aber aufgrund wirksamer Sonderwunschvereinbarungen auch höher sein.  Auch wenn der Erwerber den geschuldeten Kaufpreis noch nicht vollständig bezahlt hat, kann der Bauträger  die Auflassung nicht verweigern, wenn diese Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit  des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben  verstößt. Das Gericht ermittelt nach Einholung von Sachverständigengutachten, dass hier allenfalls 2,6 % des vereinbarten Kaufpreises rückständig sind und hält dies für geringfügig. Der Bauträger wendet ein, dass nach dem Vertrag die Auflassung auch die Abnahme voraussetzte. Diese sei jedenfalls für das Gemeinschaftseigentum nicht erklärt worden.

Das Gericht geht aber davon aus, dass eine Vereinbarung im Bauträgervertrag wonach als weitere Voraussetzung für die Verpflichtung des Bauträgers zur Erklärung der Auflassung die Abnahme des Sonder- und Gemeinschaftseigentums aufgeführt wird, nach § 307 Abs. 1 GWB unwirksam ist.  Die Erklärung der Abnahme ist vom Erwerber erst und nur dann geschuldet, wenn die Bauleistung frei von wesentlichen Mängeln ist.  Der Erwerber wird deshalb unangemessen benachteiligt, wenn der Bauträger die Auflassung trotz Zahlung der geschuldeten Vergütung verweigern dürfte, weil die Abnahme wegen von ihm noch nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen verweigert wird und werden darf. Der Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin die Wohnung aufzulassen und den Notar anzuweisen, den Vollzug der Eigentumsumschreibung auf die Klägerin zu beantragen.

Fazit

Die in einem Bauträgervertrag enthaltene Klausel, wonach die Auflassung, also der Eigentumsübergang, erst nach der erfolgten Abnahme geschuldet ist, gibt dem Bauträger keine Sicherheit. In dem regelmäßig als AGB-Vertrag zu wertenden Bauträgervertrag ist eine solche Vereinbarung unwirksam. Der Bauträger schuldet mithin die Auflassung, wenn die geschuldete Vergütung gezahlt ist. Er kann den Eigentumsübergang weder von der Abnahme des Sondereigentums noch von der Abnahme des Gemeinschaftseigentums abhängig machen.

Autor

Dr. Eva-D. Leinemann, LL.M., Notarin in Berlin

Dr. Eva-D. Leinemann, LL.M., Notarin in Berlin

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