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Minderung des Subplanerhonorars wegen Mängel, auch wenn Generalplaner sein Honorar vom Auftraggeber voll erhalten hat

BGH, Urteil vom 28.01.2016 - VII ZR 266/14

Das Recht des Architekten, den Honoraranspruch des von ihm beauftragten Fachplaners wegen Mängeln der von diesem erbrachten Planungsleistung zu mindern, wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass er sein Honorar von seinem Auftraggeber vollständig erhalten hat.*)

Ein Sub-Fachplaner (SP) nimmt seinen Generalplaner (GP) wegen nicht gezahltem Honorar in Höhe von EUR 15.470 für die Planungen des Gewerks Heizung in Anspruch. Der GP mindert das Honorar um 50 %, weil die Heizung aufgrund eines vom SP zu verantwortenden Planungsmangels zu gering dimensioniert ist. Das OLG Stuttgart als Vorinstanz (Urt. v. 14.10.2014 – 10 U 15/14) lässt die Minderung des GP nicht zu, weil der GP von seinem Auftraggeber (AG) vollständig bezahlt worden sei und selbst keinerlei Vermögenseinbußen aufgrund des Mangels erleide. Dies entspreche der sog. Leistungsketten-Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 01.08.2013 – VII ZR 75/11), nach der ein Generalunternehmer (GU) seinem Nachunternehmer (NU) keine Ansprüche mehr entgegenhalten kann, wenn er selbst von seinem AG nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, wegen der mangelhaften Leistungen voll bezahlt wurde und deswegen keine Vermögenseinbuße hinnehmen musste.

Das sieht der BGH jetzt differenzierter. Der Honorarminderung steht nicht der Rechtsgedanke des Vorteilsausgleichs aus der Leistungsketten-Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 01.08.2013 – VII ZR 75/11) entgegen. Die Rechtsprechung zur Leistungskette beruht auf der normativen, von Treu und Glauben geprägten schadensrechtlichen Wertung, dass dem Hauptunternehmer jedenfalls dann, wenn er wegen des Mangels nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, ungerechtfertigte, ihn bereichernde Vorteile zufließen, wenn er gleichwohl als Schadensersatz die Mängelbeseitigungskosten vom NU fordern oder dessen Vergütung in Höhe der Mängelbeseitigungskosten mindern kann. Im Fall der Minderung wegen des Minderwerts der Fachplanung kommt es darauf aber nicht an, weil dieser zum Folgeschaden am Bauwerk keinerlei Bezug hat. Dass der GP von seinem AG wegen seiner Planungsleistungen in voller Höhe bezahlt worden ist, führt nicht dazu, ihm sein Recht auf Minderung gegenüber dem SP zu versagen. Das Recht, den Honoraranspruch wegen Mängel der Planungsleistung zu mindern, wird durch das Verhalten des AG nicht berührt, weil insoweit zwei selbstständige Schuldverhältnisse in Rede stehen, die grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilen sind. Auch die übrigen Voraussetzungen der Minderung liegen vor, insbesondere ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung entbehrlich. Eine solche ist nicht Voraussetzung für die Minderung wegen eines Mangels der Architektenleistung, wenn der AG das Interesse an der Leistung deshalb verloren hat, weil die Leistung ihren vertraglich vorgesehenen Zweck nicht mehr erfüllen kann (BGH, Urt. v. 11.11.2004 - VII ZR 128/03). Nachdem die fehlerhafte Planung des SP sich bereits im Bauwerk konkretisiert hat, kann eine Nachbesserung nicht mehr zu dem geschuldeten Erfolg führen. Der GP musste sich daher nicht darauf verweisen lassen, dass er eine Neuplanung mit zutreffendem k-Wert gegebenenfalls zur Beseitigung der Mängel an der Heizungsanlage des AG verwenden kann.

Fazit
Mit diesem Urteil kann nicht von einer grundsätzlichen Abkehr des BGH von der Leistungsketten-Rechtsprechung ausgegangen werden. Der BGH differenziert aber diese Rechtsprechung jetzt zwischen einem Mangel- bzw. Mangelschaden einerseits und Mangelfolgeschäden - wie im Bauwerk verkörperten Planungsmängeln - andererseits.

Autor

Dr. Thomas Hildebrandt

Dr. Thomas Hildebrandt

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