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Eine Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch scheidet aus, wenn keine Schadensersatzzahlung erfolgt ist.

BGH, Urteil v. 28.01.2016 – VII ZR 266/14

Der Schaden des Architekten wegen eines sich im Bauwerk seines Auftraggebers bereits verkörperten Planungsmangels des vom Architekten beauftragten Fachplaners liegt darin, dass dem Auftraggeber gegen den Architekten aufgrund des Planungsmangels Schadensersatzansprüche zustehen. Von diesen Ansprüchen hat ihn der Fachplaner im Wege des Schadensersatzes freizustellen.*)

Die eine Sekundärhaftung des Architekten gegenüber seinem Auftraggeber begründende Pflichtverletzung bildet einen selbständigen Haftungsgrund in diesem Vertragsverhältnis, den sich der vom Architekten beauftragte Fachplaner nicht zurechnen lassen muss. *)

Der beklagte Architekt (Beklagter) wurde im Jahr 2007 von einer Immobiliengesellschaft (AG) mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 – 8 für ein Betriebsgebäude beauftragt. Für die Gewerke Heizung/Lüftung/Sanitär sowie Elektrotechnik beauftragte der Beklagte seinerseits die Klägerin als Fachplanerin. Bei der Planung der Heizungsanlage legte die Klägerin einen unzutreffenden, nur für konventionelle Fassaden geeigneten, k-Wert zugrunde. Die Heizleistung der erstellten Heizungsanlage ist deshalb nicht ausreichend. Die Ertüchtigung würde ca. EUR 70.000,00 kosten. Die Auftraggeberin verkaufte das Objekt im Jahr 2008 und trat etwaige Mängelrechte an den Käufer ab. Die Heizungsanlage wurde nicht ertüchtigt und der Beklagte wurde hinsichtlich der Mängel nicht in Anspruch genommen. Die Klägerin stellte bereits 2007 ihre Honorarschlussrechnung. Eine Zahlung erfolgte nicht. Im Prozess beruft sich der Beklagte auf die Mangelhaftigkeit der Planungsleistung der Klägerin, mindert das geforderte Honorar um 50 Prozent und erklärt im Übrigen die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen auf Grund der Mangelhaftigkeit der Planungsleistung der Klägerin.

Das greift nicht! Der BGH stellt fest, dass der Honoraranspruch der Klägerin durch die Aufrechnung des Beklagten nicht erloschen ist. Das beruht darauf, dass der vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch mit dem geltend gemachten Honoraranspruch nicht gleichartig im Sinne des § 387 BGB ist. Der Beklagte wurde hinsichtlich der Mängel selbst nicht in Anspruch genommen. Ihm ist somit kein finanzieller Schaden entstanden. Folglich hat er keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, sondern lediglich einen Freistellungsanspruch hinsichtlich der Mängelansprüche des Käufers. Der BGH stellt fest, dass ein Schaden des Beklagten darin liegt, dass er infolge der mangelhaften Leistungen der Klägerin mit Verbindlichkeiten belastet wird, weil seiner Auftraggeberin bzw. dem Käufer Schadenersatzansprüche zustehen. Der Beklagte hat einen Anspruch darauf, von diesen Ansprüchen freigestellt zu werden, mehr jedoch nicht. Die Rechtsprechung des BGH zur Leistungskette ist auf den Ersatz von, durch Mängeln der Planung bedingten Folgeschäden nicht anwendbar. Somit können die Mängelbeseitigungskosten der Planungsfolgeschäden nicht „durchgestellt“ werden. Darüber hinaus waren die Mängelbeseitigungsansprüche verjährt und der Beklagte war insofern nicht mehr „belastet“. Zwar erlischt eine Forderung nicht, wenn sie verjährt. Allerdings kann im Regelfall verlangt werden, dass der Schuldner sich seinem Gläubiger gegenüber auf die Einrede der Verjährung berufen wird. Somit war auch der Beklagte gehalten, gemäß der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht, die Einrede der Verjährung zu erheben und weder auf die Einrede der Verjährung nach deren Eintritt zu verzichten noch die verjährte Forderung anzuerkennen. Aufgrund dessen kann die Klägerin vom Beklagten verlangen, dass dieser gegenüber seiner Auftraggeberin/dem Käufer die Einrede der Verjährung erhebt. Folglich kann der Beklagte nicht mehr auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Fazit

Der BGH stellt fest, dass man nur mit einem in Geld übergegangenen Anspruch aufrechnen kann. Wird von einer Partei Zahlung verlangt, kann diese folglich nur dann aufrechnen, soweit sie selbst bereits Schadensersatz zahlen musste. Ist (noch) keine Inanspruchnahme erfolgt und dementsprechend kein finanzieller Schaden eingetreten, kann auch kein Schadensersatzanspruch geltend gemacht, sondern nur Freistellung verlangt werden.

Autor

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

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