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Sicherheitseinbehalt nicht auf Sperrkonto gezahlt: Nachfrist erst nach 18 Tagen!

OLG Köln, Urteil vom 24.06.2021 – 7 U 158/20

Der Auftragnehmer (AN) begehrt vom Auftraggeber (AG) die Auszahlung eines Sicherheitseinbehalts für Mängelansprüche aus einem VOB/B-Vertrag. Vereinbart war, dass der AG von der Schlusszahlung 5 % des Nettorechnungsbetrages als Sicherheit für die Erfüllung etwaiger Mängelansprüche einbehalten darf. Am 13.03.2020 teilte der AG dem AN das Schlussrechnungsprüfungsergebnis und die Höhe des Einbehalts mit. Mit Schreiben vom 16.03.2020 forderte der AN die Einzahlung des Einbehalts auf ein Sperrkonto bis zum 27.03.2020. Da die Einzahlung nicht vorgenommen wurde, forderte der AN ergebnislos die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts und nahm den AG vor dem LG erfolgreich auf Zahlung in Anspruch. Dagegen richtet sich der AG mit seiner Berufung.

Mit Erfolg! Der AN hatte dem AG mit Schreiben vom 16.03.2020 keine wirksame Nachfrist zur Einzahlung des Sicherheitseinbehalts auf ein Sperrkonto im Sinne von § 17 Abs. 6 Nr. 3 VOB/B gesetzt. Die Fristsetzung war unwirksam, weil zum Zeitpunkt des Schreibens vom 16.03.2020 die Einzahlungsfrist von 18 Werktagen gemäß § 17 Abs. 6 Nr. 1 Satz 3 VOB/B noch nicht abgelaufen war, denn den einbehaltenen Betrag hatte der AG dem AN am 13.03.2020 mitgeteilt. Entgegen der Auffassung des AN findet § 17 Abs. Abs. 6 Nr. 3 VOB/B auch dann Anwendung, wenn abweichend von § 17 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B der Sicherheitseinbehalt nicht in Teilbeträgen vorgenommen, sondern nur auf eine bestimmte Zahlung begrenzt sein soll. Die Parteien haben, soweit sie einen einmaligen Einbehalt von der Schlusszahlung vereinbarten, eine von § 17 Abs. 6 Nr. 1 S. 1 VOB/B abweichende Regelung getroffen, was nicht zur Unanwendbarkeit der folgenden Sätze dieses Absatzes führt. Im Gegenteil deutet der in § 17 Abs. 6 Nr. 1 S. 5 VOB/B enthaltene Verweis auf Abs. 5 darauf hin, dass die übrigen Anordnungen der Abs. 6 Nr. 1 auch bei einem einheitlichen Einbehalt von der Schlussrechnung gelten müssen. Ansonsten wären die Regelungen für den einheitlichen Einbehalt hinsichtlich der Ausgestaltung des Sperrkontos lückenhaft. Weshalb hinsichtlich der Einzahlungsfrist zwischen dem Einbehalt in Teilbeträgen und einem einheitlichen Einbehalt von der Schlussrechnung zu differenzieren sein sollte, erschließt sich auch materiell nicht. Insofern gilt § 17 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B für jede Form des Sicherheitseinbehalts (Hildebrandt/Abu Saris, in: BeckOK VOB/B, Stand 31.07.2009, VOB/B § 17 Abs. 6 Rn. 4). Somit haben die Parteien mit der Vereinbarung eines einmaligen Sicherheitseinbehalts lediglich eine von § 17 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B abweichende Vereinbarung getroffen, während es im Übrigen bei sämtlichen Regelungen von § 17 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B bleibt.  

Fazit

Der Erforderlichkeit einer Nachfristsetzung nach § 17 Abs. 6 Nr. 3 VOB/B steht auch der Umstand nicht entgegen, dass es in § 17 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B um eine Vertragserfüllungssicherheit gehe. Die Mängelsicherheit zielt letztlich auch auf die Sicherstellung der Vertragserfüllung ab. Insbesondere ist nicht erkennbar, inwieweit ein unterschiedlicher Sicherungszweck auf die Modalitäten der Sicherheitsleistung durchschlagen müsste. Ohne Zweifel sind jedenfalls andere Vorgaben der Abs. 6 Nr. 1 auch für den Sicherheitseinbehalt von der Schlussrechnung heranzuziehen.

Autor

Dr. Thomas Hildebrandt

Dr. Thomas Hildebrandt

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