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Abrechnungssumme = Netto- oder Brutto-Abrechnungssumme?

Zur Auslegung des Begriffs "Abrechnungssumme" in einer vom Besteller gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung, mit der eine Vertragsstrafe vereinbart wird.

BGH, Urteil vom 05.05.2022 – VII ZR 176/20

Die Auftraggeberin (AG) beauftragte die Auftragnehmerin (AN) unter Einbeziehung der VOB/B sowie der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der AG mit Sanierungsabreiten; diese sahen auch einen Fertigstellungstermin vor. Außerdem enthielten die AGB-Regelungen, dass für jeden Werktag Verspätung eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,2% der Abrechnungssumme fällig wird, höchstens aber 5% der Abrechnungssumme, wenn die Auftragnehmerin den Fertigstellungstermin durch ihr Verschulden überschreitet. Nach Überschreitung durch die AN rechnete die AG mit einer Vertragsstrafe i. H. v. 5% der Bruttoabrechnungssumme gegen den Schlusszahlungsanspruch auf. Die AN klagte daraufhin die ausstehende Vergütung ein. Während das Landgericht die Vertragsstrafenregelung für unwirksam hielt, meinte das Oberlandesgericht, die Vertragsstrafe sei zwar wirksam, müsse aber aus der Netto-Abrechnungssumme berechnet werden.

Der BGH bestätigt, dass der Begriff der "Abrechnungssumme" ohne weitere Erläuterungen im Vertrag mehrdeutig ist und gemäß § 305c Abs. 2 BGB die für den AG ungünstigere Auslegung vorzunehmen und die Nettoabrechnungssumme zu Grunde zu legen ist. Dies führt aber nicht zur Unwirksamkeit wegen Intransparenz der Klausel. Auch ist eine Vertragsstrafe von 5% der Bruttoabrechnungssumme nach dem OLG nicht zu hoch. Allerdings sind unklare Klauseln gemäß § 305c Abs. 2 BGB zum Nachteil des Verwenders - hier des AG - auszulegen. Dies bedeutet, dass hier unter "Abrechnungssumme" die Nettoabrechnungssumme zu verstehen ist. Der AG kann daher nur eine Vertragsstrafe von 5% der Nettoabrechnungssumme verlangen. Die hiergegen eingelegte Revision des AG blieb erfolglos.

Fazit:

Gerade gewerbliche Bauherren benutzen standardisierte Bauverträge. Diese Vertragsformulare enthalten in der Regel Vertragsstrafenregelungen. Der Anknüpfungspunkt für die Berechnung dieser Vertragsstrafen ist jedoch oft unklar. Es wird zum Beispiel auf die „Abrechnungssumme“, die „Vertragssumme“ oder die „Schlussrechnungssumme“ abgestellt. Der Bundesgerichtshof hat jetzt klargestellt, dass diese Unklarheiten zulasten des AG gehen. Eine Vertragsstrafe kann folglich niedriger ausfallen als vom AG ursprünglich erwartet. Auftraggeber sollten diese BGH-Entscheidung zum Anlass nehmen, ihre Standardverträge zu überprüfen und die Anknüpfungspunkte für Vertragsstrafen eindeutig zu formulieren. Die AN sollten für bereits abgeschlossenen Verträge die erforderliche Bestimmtheit überprüfen und bei Mehrdeutigkeiten die aktuelle BGH-Entscheidung anwenden.

Stichwörter:

Vereinbarte Vertragsstrafe

Netto-Abrechnungssumme

Mehrdeutigkeit

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