News | Newsletter | Neues zum Immobilienrecht 03/2018
Keine Fristsetzung bei Schäden an der Mietsache wegen Obhutspflichtverletzung
BGH, Urteil vom 27.06.2018 – XII ZR 79/17
In einer aktuellen Entscheidung entschied der BGH, dass der Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Beschädigung der Mietsache durch den Mieter auch nach Ende des Mietverhältnisses nicht voraussetzt, dass der Vermieter zuvor eine Frist zur Beseitigung des Schadens setzt.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger vermietete dem Beklagten eine Lagerhalle, in der dieser Rennsportfahrzeuge abstellte und reparierte. Nach Beendigung des Mietvertrages und Rückgabe des Mietobjektes zeigte der Kläger dem Beklagten Beschädigungen wie Ölspuren und Verschmutzungen auf dem Fußboden sowie an den Wänden der Halle an. Der Vermieter ließ die Mängel beseitigen und verlangte Schadensersatz. Eine Frist zur Beseitigung der Mängel setzte er zuvor jedoch nicht.
Nun entschied der BGH, dass eine Fristsetzung auch nicht erforderlich war.
Bislang war es umstritten, ob der Vermieter bei Beschädigung der Mietsache, die der Mieter durch Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs schuldhaft herbeigeführt hat oder die ihm zugerechnet werden können, Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB als Schadensersatz neben der Leistung wegen Verletzung einer Nebenpflicht oder nach §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB als Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Leistungspflicht verlangen konnte. Bei der letzteren Anspruchsgrundlage müsste der Vermieter dem Mieter zunächst eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzten, wenn die Fristsetzung nicht entbehrlich ist.
Der BGH hat die Streitfrage dahingehend entschieden, dass Schäden an der Sachsubstanz der Mietsache, die durch eine Verletzung von Obhutspflichten des Mieters entstanden sind, auch nach Ende des Mietverhältnisses vom Mieter als Schadensersatz neben der Leistung zu ersetzen sind. Hierbei hat der Vermieter die Wahl, ob er vom Mieter die Wiederherstellung oder eine Geldzahlung verlangt. Einer vorherigen Fristsetzung bedarf es nicht.
Für die Abgrenzung der Schadensersatzvarianten kommt es nur darauf an, ob die Verletzung einer Leistungspflicht oder einer in § 241 Abs. 2 BGB geregelten vertraglichen Nebenpflicht vorliegt. Unerheblich ist hingegen, ob der Schadensersatz vor oder nach Rückgabe der Mietsache geltend gemacht wird.
Bei der Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassenen Räume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu erhalten, handelt es sich um eine nicht leistungsbezogene vertragliche Nebenpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB, deren Verletzung allein nach den in § 280 Abs. 1 BGB geregelten Voraussetzungen eine Schadensersatzpflicht begründet. Der Schadenersatzanspruch kann sich zudem auch aus § 823 Abs. 1 BGB ergeben. Bekanntlich können die vertraglichen und deliktischen Ansprüche nebeneinander bestehen. Dies gilt auch für das Mietrecht.
Fazit:
Die Entscheidung schafft Klarheit über die Frage, ob eine Fristsetzung vor der Behebung des Schadens an einer Mietsache erforderlich ist. In der Praxis wird dennoch empfohlen sich, vor der Mangelbeseitigung zu vergewissern und durch Dokumentationen festzuhalten, dass es sich bei den Beschädigungen tatsächlich um Mängel handelt, die durch Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs entstanden sind. Im Zweifel sollte der Vermieter – um den sichersten Weg zu wählen – doch lieber eine Frist setzen.
Autor
Shushanik Röcker, LL.M.
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