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„Outsourcing“ der Angebotsöffnung grundsätzlich zulässig!

Die Angebotsöffnung kann von externen Vertretern des Auftraggebers durchgeführt werden. Die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens ist nach Ansicht der VK Lüneburg (Beschluss vom 08.05.2018, VgK-10/2018) nur dann geboten, wenn die konkrete Möglichkeit einer Zusammenarbeit zwischen Externen und Bieter besteht.

Die Antragsgegnerin, ein Krankenhaus, schrieb die Lieferung und Montage eines Magnetresonanztomographen europaweit im offenen Verfahen nach der VgV aus. Die Angebotsöffnung wurde von zwei Mitarbeitern des beauftragten Ingenieurbüros vorgenommen, die auch die Angebotswertung vorbereitet und in einem Bericht dokumentiert haben. Sie schlugen vor, der Beigeladenen den Auftrag zu erteilen. Die Antragsgegnerin schloss sich der Vergabeempfehlung an und informierte die Antragstellerin über die vorgesehene Erteilung des Zuschlags. Diese rügte, dass nach ihrer Marktkenntnis die Beigeladene die Anforderungen der Ausschreibung nicht erfüllen könne. Nach Zurückweisung der Rüge stellte sie einen Nachprüfungsantrag. Nachdem sie Einsicht in die Vergabeakte genommen hat, machte die Antragstellerin zudem geltend, dass ausweislich der Niederschrift über die Angebotsöffnung kein Vertreter der Antragsgegnerin an dieser beteiligt war, sondern nur zwei externe Mitarbeiter des Ingenieurbüros.

Ohne Erfolg! Die Vergabekammer stellte zunächst fest, dass die Antragsgegnerin nicht gemäß § 121 GWB verpflichtet war, das Angebot der Beigeladenen auszuschließen. Das von der Beigeladenen angebotene Produkt erfülle die Anforderungen, die im Leistungsverzeichnis gestellt waren. Dabei hat die Kammer, wie sie ausdrücklich bekundet, von der Erhebung eines Sachverständigengutachtens abgesehen und nach ihrer „Wahrnehmung und dem technisch unvollkommenen Wissen“ entschieden. Das als Eilverfahren ausgestaltete Nachprüfungsverfahren sei nicht geeignet, innovative Leistungskonzepte sachverständig untersuchen zu lassen.

Zudem verstieß die Angebotsöffnung durch die beiden Mitarbeiter des Ingenieurbüros nicht gegen die bieterschützende Norm des § 55 Abs. 2 VgV. Dort sei nur von „Vertretern“ die Rede, ohne dass diese näher definiert würden. Es werde nicht festgelegt, ob es sich um beauftragte Vertreter - wie hier - oder um bedienstete Vertreter, also Mitarbeiter des Auftraggebers, handeln müsse. Entgegen der zum Teil in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht, die in § 55 Abs. 2 VgV ein abstraktes Gefährdungsdelikt sehe, sei die Regelung als konkretes Gefährdungsdelikt zu interpretieren. Es komme im Rahmen des § 55 Abs. 2 VgV nur darauf an, ob die konkrete Möglichkeit besteht, dass einer der Vertreter des öffentlichen Auftraggebers mit einem der Anbieter in wettbewerbsschädlicher Weise zusammengearbeitet haben könnte (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 18.11.2015, VgK 42/2015). Für diese konkrete Gefahr sieht die Vergabekammer aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Die Entscheidung widerspricht zu Recht dem Beschluss der VK Südbayern vom 02.01.2018 (Z33-3194-1-47-08-117). Diese vertrat noch die Ansicht, dass die Angebotsöffnung nicht auf Externe übertragen werden dürfe, weil es sich um eine ureigenste Aufgabe des Auftraggebers handele. Das ist zweifelhaft, weil bei Externen nicht von vornherein eine höhere Manipulationsgefahr besteht als bei Mitarbeitern des Auftraggebers.

Autor

Dr. Martin Büdenbender

Dr. Martin Büdenbender

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