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Wettbewerbsregister und Russlandsanktionen – was Auftraggeber jetzt wissen müssen

Das Wettbewerbsregister hat eine lange Vorgeschichte: Das Wettbewerbsregistergesetz (WRegG), trat bereits am 29.07.2017 in Kraft und wurde durch das GWB-Digitalisierungsgesetz, in Kraft getreten am 19.01.2021, punktuell geändert. Die Wettbewerbsregisterverordnung (WRegV), welche insbesondere die Einzelheiten der elektronischen Datenübermittlung regelt, ist am 23.04.2021 in Kraft getreten.

Wohlwissend, dass die technischen Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WRegG noch nicht vorlagen, regelt § 12 WRegG, dass die Abfragepflicht erst nach Feststellung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie über das Vorliegen der Voraussetzungen für die elektronische Datenübermittlung entstehen soll. Für das Vergaberecht und die in diesem Zusammenhang maßgebliche Regelung des § 6 WRegG soll die Abfragepflicht gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 WRegG sechs Monate nach dem auf die Feststellung folgenden Monat entstehen.

Diese Feststellung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, wonach die Voraussetzungen für die elektronische Datenübermittlung an das Bundeskartellamt vorliegen wurde mit Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom 29.10.2021 getroffen.

Entsprechend ist § 6 WRegG ab dem 01.06.2022 anzuwenden.

Hiernach besteht für Öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB bereits ab einem geschätzten Auftragswert von 30 000 Euro (netto) die Pflicht bei der Registerbehörde abzufragen, ob im Wettbewerbsregister Eintragungen zu demjenigen Bieter, an den der öffentliche Auftraggeber den Auftrag zu vergeben möchte, gespeichert sind. Im Falle von Sektorenauftraggebern im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 1 GWB und Konzessionsgebern im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 1,2 GWB entsteht diese Pflicht erst ab Erreichen der Schwellenwerte.

Eine Umgehung dieser Abfragepflicht, etwa dadurch, dass den Bietern aufgegeben wird, selbst einen Auszug vorzulegen, den Bieter gemäß § 5 Abs. 2 WRegG grundsätzlich beantragen können, ist nicht möglich, wie § 6 Abs. 1 a. E. WRegG ausdrücklich klarstellt.

Entsprechend sollten sich Auftraggeber umgehend durch entsprechende Registrierung einen Zugang zum Wettbewerbsregister verschaffen. Das Bundeskartellamt hat hierzu eine eigene Rubrik mit Informationen rund um das neue Wettbewerbsregister erstellt, das unter folgendem Link erreichbar ist:

https://www.bundeskartellamt.de/DE/Wettbewerbsregister/WettbewReg_node.html;jsessionid=
0F174B117E568E1ABC6AD8480BCC57C9.1_cid378

Russlandsanktionen und Vergaberecht

Während den Medien zu entnehmen ist, dass sich die Russlandsanktionen im Wesentlichen auf vermögende Oligarchen beschränke, verrät ein Blick in Artikel 5k der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, dass die Sanktionen weitaus extensiver gefasst sind.

Denn hiernach ist es grundsätzlich verboten, öffentliche Aufträge oder Konzessionen oberhalb der Schwellenwerte an Bieter zu vergeben, die in eine der nachstehenden Kategorien fallen:

a) russische Staatsangehörige oder in Russland niedergelassene natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen,

b) juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, deren Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von einer der unter Buchstabe a genannten Organisationen gehalten werden, oder

c) natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung einer der unter Buchstabe a oder b genannten Organisationen handeln,

auch solche, auf die mehr als 10 % des Auftragswerts entfällt, Unterauftragnehmer, Lieferanten oder Unternehmen, deren Kapazitäten im Sinne der Richtlinien über die öffentliche Auftragsvergabe in Anspruch genommen werden.

Insbesondere der Halbsatz, wonach eine Vergabe auch dann verboten ist, wenn ein russischer Unterauftragnehmer oder Lieferant mehr als 10 % des Auftrags ausführt, ist in der Praxis nur schwer prüfbar. Entsprechend empfiehlt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das Anfordern einer Eigenerklärung und stellt auch ein entsprechendes Muster zur Verfügung:

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/oeffentliche-auftraege-und-vergabe.html

Für laufende Verträge ist zudem zu beachten, dass nur solche Verträge mit Russlandbezug im o. g. Sinne weiter erfüllt werden dürfen, die vor dem 9. April 2022 geschlossen wurden. Ab dem 10. Oktober 2022 dürfen dann auch diese Verträge nicht mehr bedient werden.

Autor

Jonas Deppenkemper

Jonas Deppenkemper

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