News | Newsletter | Neues zum Vergaberecht 03/21
Achtung Falle! Keine Verlängerung der Bieterinformationsfrist des § 134 GWB durch Wochenenden oder Feiertage!
VK Bund, Beschluss vom 28.06.2021 – VK 2 – 77/21
Einführung
Die Vergabekammer des Bundes hat entschieden: Ein Zuschlag darf direkt nach Ablauf der in § 134 Abs. 2 GWB genannten 15 bzw. 10 Kalendertage erteilt werden – und zwar auch dann, wenn das Ende dieser Wartefrist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt. § 193 BGB findet insoweit keine Anwendung.
Sachverhalt
Nach Angebotsauswertung in einer EU-weiten Ausschreibung teilte ein öffentlicher Auftraggeber den Bietern mit Informationsschreiben vom 10.06.2021 gem. § 134 GWB mit, dass er beabsichtige, „den Zuschlag nach Ablauf der in § 134 Abs. 2 Satz 2 GWB genannten Frist (10 Kalendertage) auf das Angebot“ des Mindestbietenden zu erteilen. Das Ende der Wartefrist nach § 134 GWB (20.06.2021) lag auf einem Sonntag. Der Auftraggeber kündigte die Zuschlagserteilung für den 21.06.2021 (Montag) an und setzte die Bezuschlagung entsprechend auch so um.
Ein unterlegener Bieter leitete ebenfalls am 21.06.2021 – allerdings zeitlich nach der Zuschlagserteilung – bei der VK Bund ein Nachprüfungsverfahren ein. Er ist unter anderem der Auffassung, dass der Auftraggeber den Zuschlag frühestens am Dienstag, den 22.06.2021 hätte erteilen dürfen. Da die Wartefrist des § 134 GWB an einem Sonntag ablief, sei hier die Regel des § 193 BGB einschlägig, wonach eine Frist erst am nächsten Werktag abläuft, wenn das eigentliche Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt.
Entscheidung
Die VK Bund teilte die Auffassung der Antragstellerin nicht und verwarf den Nachprüfungsantrag als verspätet. Der für Willensklärungen geltende § 193 BGB sei auf den § 134 Abs. 2 GWB nicht anwendbar. Denn bei der in § 134 Abs. 2 GWB genannten Frist handele es sich um eine sogenannte Warte- bzw. Stillhaltefrist für den öffentlichen Auftraggeber, nicht aber um eine Frist, binnen der eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken sei, wie es aber § 193 BGB vorsieht.
Die Frist verschiebe sich auch nicht auf Grundlage des Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1182/71 zur Festlegung der Regeln für Fristen, Daten und Termine. Aus dieser Regelung folge, im Gegenteil, sogar ausdrücklich, dass eine Verschiebung eines auf einen Sonntag fallenden Fristendes auf den nächstfolgenden Arbeitstag nicht für Fristen gelte, die von einem bestimmten Datum oder einem bestimmten Ereignis an rückwirkend berechnet werden. Bei § 134 Abs. 2 GWB handele es sich eben um eine solche, rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Wegfalls des Zuschlagsverbots zu berechnende Frist.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung mag zwar nicht sehr bieterfreundlich sein, ist aber juristisch konsequent. Den teilnehmenden Bietern muss ohnehin ganz grundsätzlich geraten werden, während laufender Vergabeverfahren ein zuverlässiges Fristenmanagement zu führen und auf Posteingänge der Vergabestelle zu achten. Bekanntlich kommt es auch für den Beginn der Wartefrist des § 134 Abs. 2 GWB nicht auf den Zugang der Information beim Bieter, sondern nur auf deren Versand an. Nicht selten gehen solche Schreiben schlichtweg unter, weil sie außerhalb der Geschäftszeiten eingehen oder zu spät zur Kenntnis genommen werden. Kommen dann noch, wie im vorliegenden Fall, Wochenendzeiten hinzu, können Reaktionsfristen schnell vorbei sein und den Bietern allein deshalb Rechtsschutzmöglichkeiten entgehen!