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Eine fehlende Planung ist keine fehlerhafte Planung

OLG Frankfurt, Urteil vom 11.04.2019, 29 U 155/21

Ein Auftraggeber (AG) ließ in den Jahren 2012 und 2013 ein Staffelgeschoss in Holzbauweise mit zwei Penthouse-Wohnungen auf einem älteren Bestandsgebäude errichten. Dabei betraute er einen Auftragnehmer (AN) mit der Erbringung von Dachdecker-, Spengler- und Abdichtungsarbeiten. Nachdem es zum Eindringen von Wasser und hierdurch zu erheblichen Beschädigungen des Neubauteils gekommen war, verwies der AG auf die mangelhafte Bauausführung durch den AN. Der AG ließ den Bauschaden durch ein Schwesterunternehmen beseitigen und nahm den AN auf Erstattung der dafür aufgewandten Kosten in Anspruch.

In erster Instanz verurteilte das Landgericht den AN zur Zahlung von 130.000,00 € nebst Zinsen. Er habe die Dachentwässerung schuldhaft in nicht fachgerechter Art und Weise erstellt. Insbesondere sei die vom AN erstellte Folienabdichtung unzureichend an den ebenfalls von ihm zu erstellenden Wasserfangkasten angeschlossen worden. Dieser Anschluss jedoch sei Aufgabe des AN und nicht etwa des Verputzers gewesen; jedenfalls habe der AN dem AG einen Warnhinweis bezüglich der Notwendigkeit eines besonderen Anschlusses geschuldet.

Der AN wendet sich in zweiter Instanz gegen das Urteil des Landgerichts. Er rügt zunächst, dass bereits keine mangelhafte Bauausführung vorliege. Jedenfalls aber sei der Anspruch des AG aufgrund seines überwiegenden Mitverschuldens auf null zu kürzen, da er keinerlei Detailplanung zur Sonderkonstruktion des Wasserkastens bereitgestellt habe. Die fehlende Planung sei insofern der ein Mitverschulden begründenden fehlerhaften Planung durch den AG gleichzustellen.

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Zunächst bejaht das Gericht das Vorliegen eines vom AN zu vertretenden Mangels. Als Fachunternehmen habe der AN den AG zumindest über das Risiko einer unzureichenden Abdichtung bei der geplanten Konstruktion des Wasserkastens unterrichten müssen.

Auch komme ein überwiegendes Mitverschulden des AG nicht in Betracht. Zwar sei richtig, dass die Sonderkonstruktion des vor Ort anzufertigenden Wasserkastens einer besonders detaillierten Planung bedurft hätte. Dass der AG dem AN keine Planung in diesem Sinne bereitgestellt habe, begründe allerdings kein abzugsfähiges Mitverschulden, da sich der AN zur Werkleistung bereit erklärt habe, ohne vorab eine Detailplanung vom AG erhalten zu haben.

Der schlichte Ausstattungs- bzw. Gestaltungswunsch des AG bzgl. der Anfertigung eines speziellen Wasserkastens sei nämlich nicht als dessen Planungsleistung anzusehen.

Durch die Annahme des diesbezüglichen Auftrages habe somit der AN die Planungsverantwortung selbst übernommen.

Da mithin eine Planung des AG bzgl. des Wasserkastens völlig fehle, könne die Situation nicht derjenigen einer fehlerhaften Planung des AG, die ein abzugsfähiges Mitverschulden hätte begründen können, gleichgestellt werden.

Fazit

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt ist zutreffend. Die Gleichstellung einer fehlenden Planung mit einer fehlerhaften Planung erscheint in der Tat schwierig.

Dem AN wäre hier zu raten gewesen, den AG noch vor Beginn der Leistungserbringung zur Vorlage einer detaillierten Planung bzgl. der durch ihn anzufertigenden Sonderkonstruktionen aufzufordern. So hätte er die Möglichkeit gehabt, sich in Bezug auf Mängelansprüche, die ihren Ursprung in der unzureichenden Planung durch den AG haben, zu enthaften. Dies ergibt sich für VOB/B-Verträge aus §§ 13 Abs. 3, 4 Abs. 3 VOB/B, gilt jedoch auch für BGB-Bauverträge (Leinemann/Kues in dieselben, BGB-Bauvertragsrecht, 1. Aufl. 2018, § 650b Rn. 56).

Wenn der AN die Planungsverantwortung jedoch übernimmt, sollte er sich diese vom AG auch entsprechend vergüten lassen. 

Autor

Tobias Köhler

Tobias Köhler

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