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Haftung des Architekten wegen Baukostenüberschreitung scheidet aus, wenn keine Kostengrenze als Beschaffenheit vereinbart wurde

OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.03.2015 - 23 U 166/12

BGH, Beschl. v. 06.04.2016 -  VII ZR 81/14 (NZB zurückgewiesen) 

  1. Der Architekt ist verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten. Vielmehr ist er auch verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen. *)
  2. Inwieweit der Auftraggeber seine Kostenvorstellungen ausreichend zum Ausdruck gebracht hat, muss durch Würdigung im Einzelfall ermittelt werden. Dabei bringt eine Erklärung, die Baukosten sollten maximal einen bestimmten Betrag nicht überschreiten, die einzuhaltende Kostenvorstellung dabei ausreichend zum Ausdruck. *)
  3. Kann nicht festgestellt werden, dass eine bestimmte Kostengrenze als Beschaffenheit des Architektenwerks vereinbart wurde, dass der Auftraggeber dem Architekten eine entsprechende Vorgabe gemacht oder dass der Auftraggeber eine für den Architekten erkennbare, konkrete Kostenvorstellung hatte, scheidet eine Haftung des Architekten wegen Baukostenüberschreitung aus.*)

Die Klägerin macht gegen den beklagten Architekten wegen Baukostenüberschreitung des von ihm geplanten und unter seiner Aufsicht errichteten Einfamilienhauses mit Garage einen Schadensersatzanspruch geltend. Vor Beginn der konkreten Planung schätzte der Beklagte die Herstellungskosten für das gewünschte Haus mit einem umbauten Raum von 899 m³ zzgl. 135 m³ für die Garage auf Herstellungskosten bei Standardausstattung auf EUR 270.230 und für gehobene Ausstattung auf EUR 299.460,00. Auf Wunsch der Klägerin wurde das geplante Haus vergrößert und zunächst auf 1.351 m³ umbauten Raum für das Wohnhaus (sowie 135 m³ Garage) festgelegt. Hierbei wurden für die Standardausstattung EUR 361.000,00 und für eine gehobene Ausstattung Herstellungskosten i. H. v. EUR 439.190,00 kalkuliert. Bis zum Bauantrag erhöhte sich der umbaute Raum des Hauses auf Wunsch der Klägerin auf 1.472,72 m³ und die Garage auf 158,449 m³. Für den letzten Stand legte der Beklagte keine neue Schätzung der Herstellungskosten vor. Er gab jedoch anschließend ein schriftliches Angebot für den Architektenvertrag ab, in welchem er die Berechnung seines Honorars von einer Bausumme von EUR 360.000,00 netto ohne Grundstück und ohne Innenausbau berechnete. Ebenso waren im Bauantrag, dessen Baubeschreibung die Standardausführung enthielt, Herstellungskosten i. H. v. EUR 360.000,00 benannt. Das Haus wurde anschließend mit stark gehobenen Standard errichtet und hatte letztendlich einen Gebäudeherstellungswert von EUR 512.080,00 ohne Baunebenkosten (EUR 594.013,73 inkl. Baunebenkosten). Diese Erhöhung beruhte auf diversen späteren Leistungsänderungen gegenüber der dem Bauantrag beigefügten Planung. Hierbei wurde unter anderem das Obergeschoss um 30 cm erhöht, das Dach erweitert und eine Erdwärmanlage eingebaut. Der Innenausbau wurde sehr aufwendig hergestellt. Die Klägerin forderte Schadensersatz wegen Überschreitung der Kostenobergrenze von EUR 361.000,00.

Das OLG Düsseldorf verneint den Anspruch. Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 634 Nr. 4, 636, 280 BGB wegen einer Pflichtverletzung der Beklagten im Zusammenhang mit der Überschreitung einer vereinbarten Baukostengrenze zu. Dabei folgt der Senat den Ausführungen des BGH zu möglichen Pflichtverletzungen des Architekten bei Überschreiten der Kostenvorstellungen des Bauherrn. Eine Planungsleistung des Architekten entspricht dann nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordern, als diese von den Parteien des Architektenvertrages vereinbart sind. Der Architekt muss die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten eines Bauwerks berücksichtigen und nicht nur vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten, sondern auch die vom Bauherr benannten Kostenvorstellungen bei der Planung berücksichtigen. Dabei stellt das OLG heraus, dass diese Kostenvorstellungen auch dann beachtlich sind, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze, sondern nur Angaben zu einer ungefähren Bausumme enthalten. Vorliegend hatten die Parteien eine Baukostenobergrenze im Vertrag nicht als Beschaffenheitsvereinbarung vereinbart. Die Klägerin hat auch nicht beweisen können, dass die Parteien eine bestimmte Kostenobergrenze vereinbart hatten. Den Angaben von den Kosten im Bauantrag kommt hier keine indizielle Bedeutung zu. Die Klägerin hatte weiterhin nicht dargelegt, dass sie den Beklagten angewiesen hätte, Haus und Garage mit Innenausstattung insgesamt in Standard-Ausführung mit EUR 360.000,00 zu errichten. Hingegen konnte sie aus dem Vortrag des Beklagten vor Einreichung des Bauantrags erkennen, dass Herstellungskosten von EUR 360.000,00 netto ohne Innenausbau angegeben waren. Die Klägerin hatte zudem selbst nach Erhalt der ersten beiden Kostenschätzungen noch einmal eine Erhöhung des umbauten Raums für Haus und Garage gewünscht. Das OLG stellt klar, dass der Beklagte seine Pflichten auch nicht dadurch verletzt hat, dass er nicht konkret ermittelte, ob die Pläne für die Klägerin finanzierbar sind. Da die Klägerin selbst nach den ersten beiden Kostenschätzungen noch einmal die Ausstattung und den Raum erhöhte, hätte sie selbst klarstellen müssen, dass ihre finanziellen Mittel nicht ausreichen, um Baukosten über EUR 360.000,00 ausführen zu können. Des Weiteren konnte die Klägerin nicht den Kausalitätsnachweis führen, dass sie - hätte sie zunächst von der Kostenüberschreitung Kenntnis gehabt - von dem Bauvorhaben Abstand genommen hätte. Hierfür spricht insbesondere, dass sie das Haus in stark gehobener Ausstattung errichten ließ.

Fazit

Der Architekt ist verpflichtet, die Kostenvorstellungen des Auftraggebers zu ermitteln und einzuhalten. Allerdings muss der Bauherr mit Mehrkosten rechnen, wenn er sich für eine höhere Ausstattung oder einen größeren Raum entscheidet. Insbesondere wenn eine Kostenvorstellung des Bauherrn entscheidend ist und unbedingt Vertragsgrundlage sein soll, empfiehlt es sich, im Wege einer Baukostenregelung im Vertrag, die Obergrenze festzulegen und diese als Beschaffenheit des Architektenwerkes zu vereinbaren. In diesen Fällen besteht ein Schadensersatzanspruch gegen den Architekten, wenn diese überschritten wird.

Autor

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

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