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Kündigung des Mietvertrags wegen Eigenbedarf

BGH Urteil vom 02.09.2020 - VIII ZR 35/19

Hauseigentümer vermieten ihre Wohnungen in der Regel an Dritte. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen Angehörige als Mieter zum Zug kommen. Das kann beispielsweise die Tochter sein, die in der betreffenden Stadt, wo das Mietshaus steht, studieren will. Sie kann dort aber nur einziehen, wenn der vorherige Mieter sich eine andere Wohnung suchen muss. Der Vermieter kann ihm daher wirksam wegen Eigenbedarf kündigen. Dabei sind einige Regeln einzuhalten. Mein Tipp der Woche erklärt, welche das sind.

Grundsätzlich dürfen Vermieter wegen Eigenbedarf kündigen, wenn sie die Wohnung für sich oder für nahe Familienangehörige wie Eltern, Kinder, Enkel oder Geschwister benötigen. Nach der neuesten Entscheidung des Bundesgerichtshofes gilt das nunmehr auch zugunsten getrenntlebender oder geschiedener Ehegatten (BGH, VIII ZR 35/19). Entferntere Verwandte sind hingegen ausgeschlossen. Es gibt jedoch eine Ausnahme von der Regel für Pflegekräfte, die Familienangehörige versorgen.

Wichtig ist, dass der Vermieter im Kündigungsschreiben an den Mieter begründet, warum er die Wohnung selbst nutzen oder einem Angehörigen überlassen will. Zudem sollte er hinreichend konkret beschreiben wie die Wohnung künftig genutzt werden soll. Für eine Kündigung wegen Eigenbedarf gelten die gesetzlichen Fristen für Mietverträge. Nach bis zu fünf Jahren Mietzeit beträgt die Kündigungsfrist drei Monate. Bei fünf bis acht Jahren sind es sechs Monate und darüber neun Monate.

Entfällt der Kündigungsgrund noch während der Restlaufzeit des Mietvertrags, muss der Vermieter dem Mieter die Möglichkeit geben, den Mietvertrag fortzusetzen. Der Vermieter ist ferner verpflichtet, auf frei werdende Alternativwohnungen hinzuweisen beziehungsweise andere ihm zur Verfügung stehende freie Wohnungen anbieten.

Vermieter, die ihre Wohnung für sich selbst nutzen wollen, müssen dort nicht zwingend ihren Lebensmittelpunkt einrichten. Dazu muss der Vermieter allerdings detailliert belegen wie häufig und warum er diese Wohnung als Zweitwohnsitz nutzt, entschied der BGH (VIII ZR 186/17). Eine ausreichende Begründung kann beispielsweise sein, dass der Vermieter öfter beruflich in der Stadt ist und nicht im Hotel oder bei Bekannten übernachten will (BGH, VIII ZR 19/17).

Selbst wenn die Kündigung wegen Eigenbedarfs formal korrekt begründet ist, kann sie unter bestimmten Umständen unzulässig sein, wie beispielsweise bei Härtefällen. Nach dem BGH liegt ein solcher Härtefall im Einzelfall dann vor, wenn einem Mieter wegen hohen Alters und Krankheit ein Umzug nicht zuzumuten wäre, weil sich sein Gesundheitszustand verschlechtern könnte (VIII ZR 180/18, VIII ZR 167/17). In solchen Fällen ist eine Kündigung jedoch meist nur aufgeschoben, aber nicht völlig ausgeschlossen.

Besonders zu beachten ist, dass eine Kündigung wegen Eigenbedarf ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter sie missbräuchlich anwendet. Dazu gehören beispielsweise ein vorgetäuschter Eigenbedarf oder ein zu hoch angesetzter Wohnflächenbedarf.

Bevor der Vermieter eine Kündigung ausspricht, sollte er klären, ob das Mietshaus in einem Milieuschutzgebiet der betreffenden Kommune liegt. In diesen Gebieten ist der Mieterschutz besonders ausgeprägt und eine Kündigung wegen Eigenbedarfs häufig ausgeschlossen.

In der Praxis ist ein einvernehmlicher Mietaufhebungsvertrag für beide Seiten oft die bessere Lösung. Dies gilt besonders, wenn sich Vermieter und Mieter nicht sicher sind, ob der Eigenbedarf angemeldet werden kann. In einem solchen Mietaufhebungsvertrag sind unter anderem die Regeln für Abfindungen, Auszugsfristen, Schönheitsreparaturen und die Rückzahlung der Kaution aufzunehmen.

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