Section-Image

Nutzungsvereinbarungen für Windenergieanlagen / Schriftformerfordernis

Wie in dem Artikel zur rechtlichen Einordnung der Nutzungsvereinbarung (siehe hier) ausgeführt, handelt es sich bei Nutzungsvereinbarungen häufig um einen Mietvertrag (es sei denn es liegt im Einzelfall lediglich eine Vereinbarung zur Bestellung einer Dienstbarkeit vor – siehe OLG Schleswig, Urteil vom 17. Juni 2016 – 4 U 96/15).

Bei einer Einordnung der Nutzungsvereinbarung als Mietvertrag ist das Schriftformerfordernis nach § 550 S. 1 BGB zu beachten. Danach muss ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr schriftlich abgeschlossen werden. Wird diese Schriftform nicht eingehalten, ist der Mietvertrag nach Ablauf eines Jahres auch dann mit gesetzlicher Frist kündbar, wenn er für einen längeren Zeitraum abgeschlossen wurde. Das soll dem Schutz der Parteien und insbesondere dem Schutz des Erwerbers einer vermieteten Immobilie dienen, damit dieser allein anhand der mietvertraglichen Unterlagen feststellen kann, in welche Rechte und Pflichten er als neuer Vermieter gemäß § 566 BGB - denn „Kauf bricht nicht Miete“ - eintritt.

Für einen Betreiber, der gegebenenfalls erhebliche Gelder in die Entwicklung und den Betrieb einer Windenergieanlage gesteckt hat, kann dies natürlich desaströse Folgen haben. Der Grundstückseigentümer könnte die Nutzungsvereinbarung möglicherweise vorzeitig kündigen und sei es nur, um im Anschluss eine höhere Miete zu verhandeln. Zwar wird sich der Betreiber sein Recht zur Nutzung des Grundstücks regelmäßig auch durch eine Dienstbarkeit absichern lassen. Die (vorzeitige) Kündigung der Nutzungsvereinbarung kann dann aber dazu führen, dass der Eigentümer auch einen Anspruch auf Löschung der Dienstbarkeit hat. Nun kann auch hier wiederum der Betreiber versuchen, in den Verhandlungen zur Nutzungsvereinbarung eine Regelung mit aufnehmen, dass die Löschung der Dienstbarkeit von der vorzeitigen Kündigung unberührt bleibt. Ob sich der Vertragspartner darauf einlässt, ist jedoch eine andere Frage.

Wenig verlässlich erscheint es auch, in die Nutzungsvereinbarung ausdrücklich eine Regelung aufzunehmen, dass es sich hierbei nicht um einen Miet- oder Pachtvertrag handelt. Denn wie im Artikel zur Rechtsnatur ausgeführt (siehe hier), führt die reine Bezeichnung als Mietvertrag nicht dazu, dass es sich auch um einen Mietvertrag handelt. Für das Gegenteil (kein Mietvertrag) gilt natürlich dasselbe. Und gleichermaßen gewagt wäre es auch darauf zu bauen, ein Gericht würde die Nutzungsvereinbarung (wie das OLG Schleswig, siehe oben) nur als Vereinbarung zur Bestellung einer Dienstbarkeit betrachten. Eine solche Einstufung ist immer eine Frage des Einzelfalls.

Folglich ist jedem Betreiber auch weiterhin dringend zu raten, streng auf die Einhaltung des Schriftformerfordernisses zu achten. Das gilt nicht nur für den „Ursprungsvertrag“ an sich, sondern auch für alle Nachtragsvereinbarungen zu diesem Vertrag.

Die Frage, wann das Schriftformerfordernis eingehalten ist, ist dabei Gegenstand einer umfassenden und seit Jahren wachsenden Rechtsprechung. Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis wird insbesondere dann angenommen, wenn sich die vertragswesentlichen Regelungen zu den Parteien des Mietvertrages, den Mietgegenstand, die Laufzeit, ggf. die Ausstattung des Mietgegenstandes nicht aus dem Mietvertrag ermitteln lassen.Einen Schriftformmangel kann es außerdem darstellen, wenn der Vertrag von nur einem Geschäftsführer einer GmbH unterschrieben wird, obwohl Gesamtvertretung mit einem weiteren Geschäftsführer bestand.

Mit Urteil vom 27.09.2017, Az. XII ZR 114/16, hat der BGH überdies entschieden, dass sogenannte Schriftformheilungsklauseln mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar und damit unwirksam sind (siehe dazu hier).

 

 

 

 

Autor

Ulrich Neumann

Ulrich Neumann

Weitere Artikel dieser Ausgabe

  • Michael Göger, LL.M.: Nutzungsvereinbarungen für Windenergieanlagen / ein Überblick

     

  • Shushanik Röcker, LL.M.: Nutzungsvereinbarungen für Windenergieanlagen / Pflichten des Grundstückseigentümers

     

  • Arne Mafael: Nutzungsvereinbarungen für Windenergieanlagen / Miete oder Pacht? - Eine rechtliche Einordnung

     

  • Martin Grochowski: Nutzungsvereinbarungen für Windenergieanlagen / Pflichten des Betreibers