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Der Auftragnehmer muss die Abnahmefähigkeit der Leistung nicht gesondert nachweisen.

Kammergericht Berlin (KG), Urteil vom 15. Mai 2018, 21 U 90 / 17

Die Käuferin einer Eigentumswohnung (Auftraggeberin) verklagte ihren Bauträger (Auftragnehmer) aus einem notariellen Bauträgervertrag auf Schadensersatz wegen der verzögerten Übergabe der Wohnung. Die Fertigstellung war bis zum 30.04.2012 vereinbart. Am 03.04.2012 führten die Parteien einen Termin durch, bei dem die Abnahme wegen Mängeln verweigert wurde. Auch am 15.06.2012 wurde die Abnahme erneut verweigert. Vor allem die ordnungsgemäße Verlegung des Pakets war umstritten. Die Parteien vereinbarten die Erstellung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen. Dabei erklärte die Auftraggeberin am 20.06., dass sie die Abnahme rückwirkend zum 15.06. erklären wolle, wenn der Gutachter feststelle, dass keine Mängel am Parkett vorliegen. Der Gutachter fand kleinere Mängel, die sofort bis zum 20.07. beseitigt wurden. Er wies auch darauf hin, dass dann, wenn erhöhter Schallschutz nach dem Vertrag zu erbringen gewesen sei, unter die Sockelleisten ein Entkoppelungsstreifen hätte eingebaut werden müssen. Die Erwerberin verweigerte auch auf Aufforderung weiterhin die Abnahme und forderte den Nachweis, dass die Vorgaben für einen erhöhten Schallschutz nach Beiblatt 2 der DIN 4109 eingehalten seien.

Das KG stellt fest, dass ab dem 20.07.2012 eine abnahmereife Leistung vorlag, weil die vom Sachverständigen festgestellten Mängel behoben waren. Eine Abnahmereife scheitert nicht daran, dass der Unternehmer kein Gutachten oder keinen Prüfbericht vorlegt, wodurch die Einhaltung des Schallschutzes dokumentiert wird. Der Auftragnehmer schuldet im Rahmen der Errichtungspflicht grundsätzlich nur die Erbringung der vertragsgerechten Leistung. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass er zusätzlich auch einen Nachweis dafür erbringen müsste, dass er die (sonstigen) vertraglichen Vorgaben eingehalten hat. Im Abnahmetermin hat der Auftraggeber die Gelegenheit, die Leistung zu prüfen, wenn er dies möchte. Er ist damit in der Verpflichtung, bei nicht an konkreten Mängeln festzumachenden Besorgnissen die Werkleistung selbst untersuchen zu veranlassen. Er kann deswegen bei der Abnahme einen entsprechenden Vorbehalt in das Abnahmeprotokoll aufnehmen lassen. Eine Nachweispflicht des Unternehmers kann nur dann bestehen, wenn dies im Vertrag vereinbart wurde.

Praxishinweis

Hat ein Auftraggeber nur den Verdacht, dass Mängel vorliegen könnten, berechtigt dies nicht zur Abnahmeverweigerung und der Unternehmer muss auch keine vertraglich nicht vereinbarten Nachweise führen, um solche "Mangelbefürchtungen" auszuräumen. Nach neuem Bauvertragsrecht kann der Auftraggeber immerhin noch den Eintritt der stillschweigenden Abnahmewirkungen nach § 640 Abs. 2 BGB auch dadurch verhindern, dass er die Abnahme unter Berufung auf einen sich später als nicht bestehend herausstellenden Mangel verweigert. Führen die Parteien aber einen Abnahmetermin durch, kann wegen unwesentlicher Mängel oder wegen Mängelbefürchtungen die Abnahme nicht verweigert werden, § 640 Abs. 1 S. 2 BGB.

Autor

Dr. Eva-D. Leinemann, LL.M., Notarin in Berlin

Dr. Eva-D. Leinemann, LL.M., Notarin in Berlin

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