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Harte Strafklauseln in Gemeinschaftsordnungen stehen der Eintragungsfähigkeit ins Grundbuch nicht entgegen

Kammergericht, Beschluss vom 20.09.2016 - 1 W 93/16

Dem Grundbuchamt kommt nur eine eingeschränkte inhaltliche Prüfungskompetenz in Bezug auf den Inhalt einer Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümer zu. Das Grundbuchamt soll nur verhindern, dass das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig wird. Insbesondere darf das Grundbuchamt eine Strafklausel keiner Unwirksamkeitsprüfung nach den Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen unterziehen und aufgrund dieser Prüfung die Eintragung ins Grundbuch in einer Zwischenverfügung verweigern.

Das Grundbuchamt nahm Anstoß an folgende Bestimmung:
„Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, im Falle der Nutzungsüberlassung an Dritte dem Verwalter den Namen des Nutzungsberechtigten binnen einer Frist von vier Wochen nach Begründung des Nutzungsrechts schriftlich mitzuteilen. Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen das Verbot der Begründung solcher kurzfristiger Nutzungsverhältnisse oder die Verpflichtung zur Namensmitteilung hat der Wohnungseigentümer eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 1.000,00 an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlen. Ferner ist der betreffende Wohnungseigentümer verpflichtet, der Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten für die Ermittlung der Person des Nutzungsberechtigten (z. B. Detektiv) zu erstatten, wenn dieser auf nochmalige Nachfrage des Verwalters nach Ablauf der vorgenannten Frist keine Auskunft erteilt.“

Das Grundbuchbuchamt verweigerte die Eintragung mittels Zwischenverfügung. Die dagegen gerichtete Beschwerde war erfolgreich. In rechtlicher Hinsicht darf die Eintragung durch das Grundbuchamt nur verweigert werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Grundbuchbuch durch die Eintragung unrichtig würde, weil die Bestimmung unwirksam oder unbeachtlich ist. Das Grundbuchamt ging davon aus, dass die Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen und wegen Unangemessenheit unwirksam ist.

Nach Ansicht des Kammergerichts ist jedoch Prüfungsmaßstab nur § 134 BGB (Gesetzliches Verbot), 138 BGB (Sittenwidrigkeit) sowie § 242 BGB (Treu und Glauben). Die Gemeinschaftsordnung ist nicht an den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen zu messen. Die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB liegen nicht vor und für eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte.
Das Grundbuch wird durch die Eintragung der Regelung über die Vertragsstrafe der notariellen Urkunde nicht unrichtig. Die Gemeinschaftsordnung kann für die Zuwiderhandlung gegen Pflichten, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander betreffen, Geldstrafen vorsehen. Die Höhe der Strafe verstößt weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden. Wohnungseigentümer werden die Namensmitteilung häufig nur dann (schuldhaft) unterlassen, wenn das Vermietungsverbot verletzt ist. Es ist unerheblich, ob die Anwendung der Strafklausel in Einzelfällen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen kann. Das Grundbuchamt ist zu einer Inhaltskontrolle der Gemeinschaftsordnung anhand des § 242 BGB wegen der Beschränkung der Beweismittel im Eintragungsverfahren in der Regel nicht in der Lage.

Fazit:

Das Grundbuchamt hat die Regelungen in der Gemeinschaftsordnung grundsätzlich nicht zu prüfen. Wenn Wohnungseigentümer mit Regelungen nicht einverstanden sind, müssen sie diesen Streit mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vor dem Wohnungseigentumsgericht im Verfahren nach § 43 WEG austragen. Auf eine Unwirksamkeit als Allgemeine Geschäftsbedingung können sich die Wohnungseigentümer dabei nicht berufen, weil Gemeinschaftsordnungen keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind. Insbesondere wer in eine bestehende WEG eintritt, sollte daher vorher prüfen, worauf er/sie sich einlässt.

Autor

Dr. Eva-D. Leinemann, LL.M., Notarin in Berlin

Dr. Eva-D. Leinemann, LL.M., Notarin in Berlin

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