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Keine Haftung des Bauträgers für Verwaltungskosten bei unwirksamer Abnahmeklausel!

OLG München, Urteil vom 09.05.2017 – 9 U 2687/16

Das OLG München hat über verschiedene Kostenerstattungs- und Schadensersatzansprüche einer Eigentümergemeinschaft wegen Aufwendungen für die laufende Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums gegen den Bauträger entschieden. Die Klausel zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums in den Erwerberverträgen wurde für unwirksam erklärt, weil die Abnahme für alle Eigentümer durch einen vom Bauträger zu bestimmenden Sachverständigen erfolgt ist. In den Erwerberverträgen heißt es weiter: „Der Besitz, die Nutzung und Lasten sowie die Gefahr des zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung gehen mit dem Tage der Abnahme des Vertragsobjektes (Sondereigentum) auf den Käufer über. Von diesem Zeitpunkt an tritt der Käufer auch in alle Rechte und Pflichten der Eigentümergemeinschaft ein. Er hat die aus der jeweils maßgeblichen Lastenberechnung ersichtlichen Beträge zuzüglich etwaiger Entgelte für die Gemeinschaftsanlagen und Folgeeinrichtungen monatlich im Voraus an den Verwalter zu überweisen.“

Das OLG München entschied, dass trotz der Unwirksamkeit der Abnahmeklausel der Eigentümergemeinschaft kein Anspruch auf die laufenden Unterhaltskosten für das Gemeinschaftseigentum in Form von Allgemeinen Betriebskosten und Kosten der laufenden Instandhaltung der Wohnanlage zusteht. Das ergibt sich zum einen aus dem notariellen Kaufvertrag und der Regelung über den Übergang der Nutzung und Belastung sowie der Gefahr des zufälligen Untergangs mit Abnahme des Sondereigentums. Nach Auslegung dieser Klausel gemäß §§ 133, 157 BGB beinhaltet die Klausel, dass der Käufer mit der Abnahme des Sondereigentums, also der rechtlichen und tatsächlichen Billigung, auch in die Rechte und Pflichten bezüglich des Gemeinschaftseigentums eintreten sollte. Dies folgt auch aus § 16 Abs. 2 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer den anderen Eigentümern gegenüber verpflichtet ist, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Da alle Eigentümer in das Grundbuch eingetragen sind, haben sie nach der vertraglichen Regelung und nach § 16 WEG die Kosten der Instandhaltung und der Instandsetzung zu tragen. Einen Anspruch der Eigentümergemeinschaft auf die geltend gemachten Kosten sieht das OLG München weder aus den vertraglichen Regelungen noch aus gesetzlichen Vorschriften erwachsen. Insbesondere besteht auch kein Schadensersatzanspruch, weil die entstanden Kosten nicht auf die unterbliebene Abnahme in Folge einer mangelhaften Errichtung des Gemeinschaftseigentums zurückzuführen sind, sondern durch die vertraglich vorgesehene Benutzung des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer verursacht wurden.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG München wird nur der Anfang einer Reihe von Entscheidungen sein, die sich mit der Geltendmachung von Kosten durch Eigentümergemeinschaften auseinandersetzt, die durch die vertraglich vorgesehene Nutzung des Gemeinschaftseigentums durch die Eigentümer zurückzuführen sind. Zu begrüßen ist dabei, dass das OLG genau danach differenziert, welche Ansprüche der Eigentümergemeinschaft aufgrund von Mängeln an der Leistung des Bauträgers bestehen und welche im Zusammenhang mit einer vertraglichen Nutzung zwangsläufig entstehen. Dabei geht das OLG zu Recht davon aus, dass die Klausel in den Bauträgerverträgen, nach den Nutzungen und Lasten auf die Eigentümer mit Abnahme des Sondereigentums über gehen können, dazu führt, dass Kosten, die im Zusammenhang mit der vertraglichen Benutzung des Gemeinschaftseigentums stehen, nicht von dem Bauträger zu übernehmen sind, wenn keine wirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgte.

Autor

Dr. Amneh Abu Saris

Dr. Amneh Abu Saris

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