Section-Image

Rügt der Besteller innerhalb von sieben Wochen in der Heizperiode keine Mängel an seiner neuen Heizungsanlage, erklärt er damit die Abnahme

OLG München, Urteil vom 08.05.2019 - 20 U 124/19 Bau

Das Oberlandesgericht München hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, wann die Abnahmewirkungen für eine neue, abnahmereife Heizungsanlage üblicherweise eintreten, wenn keine ausdrückliche Abnahme erfolgt.

Die Voraussetzungen für eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten liegen vor, wenn

  1. die Heizungsanlage bei Inbetriebnahme abnahmereif ist,
  2. die Inbetriebnahme durch den Besteller ohne Beanstandungen erfolgte und
  3. ein angemessener Prüfzeitraum verstrichen ist.

Das OLG München hält im vorliegenden Fall, in dem die Lieferung und Montage einer Heizungsanlage nebst Errichtung einer Brunnenanlage für die mit Grundwasser zu speisende Grundwasserwärmepumpe (zur Wärmenutzung und Warmwasseraufbereitung) beauftragt war, einen Prüfzeitraum von sieben Wochen während der Heizperiode (Wintermonate) für angemessen. Damit korrigiert das OLG die vorinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Landshut, das in dem vorliegenden Fall dem Besteller den gesamten Winter als Prüfungszeitraum zugestanden hat. Diese Auffassung lasse – so das OLG München – das zu beachtende Interesse des Unternehmers, den Zeitpunkt der konkludenten Abnahme nicht unangemessen nach hinten zu verschieben, gänzlich außer Betracht. Tatsächlich sei für die Prüfung der Funktionsfähigkeit der Heizung nicht das Verstreichen eines ganzen Winters erforderlich; vielmehr könne die Funktionsfähigkeit einer Heizungsanlage bereits mit dem Ablauf einer mehrwöchigen beanstandungsfreien Prüfzeit in der Heizperiode beurteilt werden.   

Zu beachten ist dabei natürlich, dass das Prüfzeitfenster von sieben Wochen nicht per se für jede Heizungsanlage gilt; vielmehr ist die Dauer der dem Auftraggeber zuzugestehenden Prüfungszeit einzelfallabhängig zu bestimmen. Welcher Zeitraum als angemessen anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von Art und Umfang des Werks, das in Gebrauch genommen wird, ab. Handelt es sich folglich um größere oder kompliziertere Anlagen, dürften auch längere Prüfzeiträume, bei kleineren Anlagen aber auch kürzere Zeiträume angemessen sein. Die Entscheidung bietet aber eine Orientierungshilfe für im privaten Haushalt übliche Heizungsanlagen.

Die Entscheidung ist richtig. Das Abwarten mehrerer Monate oder gar eines ganzen Winters kann dem Unternehmer im Regelfall nicht zugemutet werden, weil in einem derart langen Zeitraum Störungen an der Heizungsanlage auftreten können, deren Ursache nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmers liegen, sondern zum Beispiel auf Bedienfehlern des Bestellers beruhen. Der Unternehmer trägt aber bis zur Abnahme die Beweislast dafür, dass er ein ordnungsgemäßes und mangelfreies Werk erstellt hat. Das Ergebnis ist auch nicht unbillig für den Besteller. Natürlich muss für die Bemessung eines angemessenen  Prüfzeitraums im Einzelfall stets berücksichtigt werden, dass eine tatsächliche Prüfmöglichkeit besteht. An kalten Wintertagen muss es aber auch Verbrauchern möglich sein, die neue Heizung hinsichtlich ihrer Funktion innerhalb einiger Tage oder Wochen zu prüfen und etwaige Mängel gegenüber dem Unternehmer unverzüglich zu rügen.     

Autor

Hauke Meyhöfer

Hauke Meyhöfer

Weitere Artikel dieser Ausgabe

  • Prof. Dr. Ralf Leinemann: Die unfaire Begünstigung der öffentlichen Hand im Prozess

     

  • Dr. Amneh Abu Saris: Entscheidung nach Beweislast als ultima ratio

     

  • Dr. Thomas Hildebrandt: Keine Fristsetzung bei Schadensersatz wegen mangelbedingter Folgeschäden erforderlich

     

  • Dr. Danilo Rosendahl: Die Abrechnung von „Nullpositionen“ bei einem Einheitspreisvertrag