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OLG Hamm hält an Korbion‘scher Preisformel fest!

OLG Hamm, Urteil vom 09.05.2018 – 12 U 88/17

Hat ein Auftragnehmer eine Leistungsposition mit einem geringeren Einheitspreis an-geboten, als ihm selbst vom Nachunternehmer angeboten worden ist, so entspricht es dem Grundverständnis von § 2 Abs. 5 VOB/B, diesen kalkulierten Verlust betragsmäßig auf den Preis der geänderten Leistung fortzuschreiben.

Die Klägerin (AN) macht gegenüber der Beklagten (AG) Vergütung für Rodungsarbeiten nach Änderung der vertraglich vereinbarten Leistung geltend. Während der Bauausführung ordnete der AG gegenüber dem AN in Abweichung zum ursprünglichen Bausoll an, vor dem Durchfrä-sen die ersten 10 cm des Mutterbodens getrennt aufzunehmen und zu verwerten. Nach Durchführung und Abnahme der Arbeiten stellte der AN dem AG die Leistungen in Rechnung. Die aus der Änderungsanordnung des AG resultierende Nachtragsforderung des AN in Höhe von ca. EUR 180.000,00 ist dem Grunde nach sowie hinsichtlich der erbrachten Menge zwi-schen den Parteien unstreitig. Die Parteien streiten lediglich über die Berechnung des Einheitspreises der geänderten Leistung.

Hintergrund der unterschiedlichen Auffassungen über die Preisbildung ist, dass der AN in der ursprünglichen Angebotskalkulation den angebotenen Einheitspreis seines Nachunternehmers (NU) von EUR 0,38 auf EUR 0,13 reduziert hatte. Dadurch ergab sich ein von dem AN kalku-lierter Verlust in Höhe von ca. EUR 31.000,00. Der AG wendet ein, im Wege der vorkalkulato-rischen Preisfortschreibung sei der Verlust durch das Vertragspreisniveau von vorliegend 34,2% fortzuschreiben, so dass sich der vom AN kalkulierte Verlust durch die prozentuale Fortschreibung der Nachtragsleistungen auf ca. EUR 110.000,00 belaufe. Der AN dagegen will den kalkulierten Verlust nur betragsmäßig, d. h. mit ca. EUR 31.000,00, gegen sich gelten lassen. Mit Erfolg!

Das OLG Hamm führt unter Bezugnahme auf den BGH (IBR 2013, 261) aus, dass maßge-bend für die Kostenermittlung im Rahmen des § 2 Abs. 5 VOB/B sei, wie der AN die Preise kalkuliert hätte, wenn ihm die Leistungsänderung von Anfang an bekannt gewesen wäre. Die Ermittlung der Vergütung für eine geänderte Leistung erfolgt daher in der Weise, dass – soweit möglich – an die Kostenelemente der Auftragskalkulation angeknüpft wird. Zudem sei eine Bezugsposition heranzuziehen, wenn die Auftragskalkulation die Kostenelemente nicht enthält, die aufgrund der Änderung der Leistung nunmehr für die Preisbildung maßgebend sind.

Zwar lehnt das OLG Hamm eine prozentuale Fortschreibung des vom AN kalkulierten Verlustes ab, jedoch führt es aus, dass der AN bei der Kalkulation ein konkretes Gewinn- und Verlustrisiko übernommen hat, welches zumindest betragsmäßig fortzuschreiben sei.

Nach dem Verständnis des OLG Hamm soll § 2 Abs. 5 VOB/B sicherstellen, dass das im Wettbewerb erzielte Preisniveau auch für Nachtragsforderungen erhalten bleibt, der AN also grundsätzlich über den Nachtrag weder einen nicht kalkulierten zusätzlichen Gewinn erzielen noch einen zusätzlichen Verlust erleiden soll. Dies gelte auch für Gewinne und Verluste aus NU-Vergaben (vgl. OLG Dresden, IBR 2013, 262).

Fazit

Das OLG Hamm lehnt eine prozentuale Fortschreibung von kalkulierten Gewinnen und Verlusten im Rahmen von § 2 Abs. 5 VOB/B zu Recht unter Bezugnahme auf die Entschei-dung des OLG Dresden (IBR 2013, 262) ab. Es stellt jedoch nochmals grundsätzlich klar, dass auch vom AN kalkulierte Verluste betragsmäßig auf den Preis der geänderten Leistung fortzu-schreiben seien und hält damit ausdrücklich an der Korbion‘schen Preisformel („Guter Preis bleibt guter Preis und schlechter Preis bleibt schlechter Preis“) fest.

Das KG hat jüngst mit Urteil vom 10.07.2018, 21 U 30/17 diese Fortschreibung von Nachträgen für den „schlechten Preis“ gekippt. Das KG stellt vielmehr auf die tatsächlichen Mehrkosten des AN ab, solange diese Mehrvergütung marktüblich sei. Auch wenn der AN mit einem schlechten Preis kalkuliert hat, erhält er nach Auffassung des KG nach § 2 Abs. 5 VOB/B mindestens die Mehrkosten, die ihm aufgrund der Änderung entstanden sind zuzüglich eines an-gemessenen Zuschlags zur Deckung seiner allgemeinen Geschäftskosten und seines Gewinns (in Höhe von 5 %).

Es bleibt spannend, wie sich der BGH hierzu zukünftig positionieren wird. Die Auffassung des OLG Hamm sowie der ganz herrschendende Meinung in Literatur und Rechtsprechung deckt sich jedenfalls mit den Überlegungen des Gesetzgebers zur Anpassung der Vergütung bei angeordneten Änderungen des Vertrages gemäß § 650c Abs. 1 BGB (vgl. BT-Drucksache 18/85, 56).

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