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Sorgfaltspflichten des Tiefbauunternehmens

OLG Köln, Urteil vom 27.12.2017, 16 U 56/17

Ein Tiefbauunternehmen, das im Bereich von öffentlichen Straßen und Wegen Bohrungen und Grabungen vornimmt, muss sich vor Beginn seiner Arbeiten zuverlässig erkundigen, ob bzw. wo dort Versorgungsleitungen verlegt sind. Das gilt auch dann, wenn das Tiefbauunternehmen lediglich als Nachunternehmer einer größeren Firma tätig wird.

Ein Tiefbauunternehmen führte als Nachunternehmer Horizontalbohrungen im Wege des Spülbohrverfahrens durch und beschädigte dabei vier Kabelschutzrohre sowie zwei Lichtwellenleiterkabel eines Versorgungsträgers. Der Versorgungsträger machte Schadensersatzansprüche sowohl gegen den Hauptunternehmer als auch gegen den Nachunternehmer mit der Begründung geltend, diese hätten sich nicht hinreichend über die im Boden befindlichen Versorgungsleitungen informiert. Die beiden Unternehmer erwiderten, dass die beschädigte Versorgungsleitung in den bauseits zur Verfügung gestellten Lageplänen nicht enthalten war. Der Nachunternehmer wendet zudem ein, er sei nicht beauftragt worden, vorhandene Kabel selbst zu orten und habe sich insofern auf die vorgelegten Pläne verlassen dürfen. Nachdem das Landgericht Köln (Urteil vom 28.03.2017, 5 O 488/13) beide Unternehmer gesamtschuldnerisch verurteilt hatte, reichten diese Berufung beim OLG Köln ein.

Ohne Erfolg. Das OLG Köln hat das Urteil des Landgerichts bestätigt. Sowohl Hauptunternehmer als auch Nachunternehmer haften gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Ein Tiefbauunternehmen, das im Bereich von öffentlichen Straßen und Wegen Bohrungen und Grabungen vornimmt, muss sich vor Beginn seiner Arbeiten zuverlässig erkundigen, ob bzw. wo dort Versorgungsleitungen verlegt sind (vgl. BGH Urteil vom 20.04.1971, VI ZR 232/69). Die wesentliche Bedeutung von Strom-, Gas-, Wasser- und Telefonleitungen sowie weiterer Versorgungsleitungen, deren Beschädigungen erhebliche Auswirkungen auf die Allgemeinheit und die Wirtschaft haben und zu gefährlichen Situationen führen können, macht ein äußerst vorsichtiges Vorgehen notwendig. Im Einzelfall muss sich auch ein Tiefbauunternehmer, der lediglich als Subunternehmer einer größeren Firma tätig wird, zuverlässige Kenntnis vom Verlauf der Versorgungsleitungen verschaffen und darf sich nicht auf die Anweisung Dritter oder seines Auftraggebers verlassen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 07.05.2014, 16 U 135/13). Dies gilt auch dann, wenn Planunterlagen eines Dritten bereits vorliegen und sich aus den Umständen Bedenken gegen die Richtigkeit und/oder Vollständigkeit der überlassenen Planunterlagen ergeben (vgl. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.02.1995, 1 U 163/93). So liegt der Fall hier. Die bauseits überlassenen Pläne enthielten lediglich die Leitungen eines einzigen Versorgungsunternehmens. Dies hätte beim Nachunternehmer den Verdacht auf die Unvollständigkeit der Planunterlagen erwecken müssen. Der Hauptunternehmer haftet ebenfalls gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Angesichts der Bedeutung der Verkehrssicherung im Bereich des Tiefbaus war es erforderlich, im Rahmen einer Einweisung die schadensvermeidende Ausführung der Arbeiten dem ausführenden Unternehmen eindeutig und konkret zu beschreiben und die eingeholten Informationen bezogen auf die konkreten Örtlichkeiten vollständig weiterzugeben. Diese Pflicht ist durch den Hauptauftraggeber nicht vollständig erfüllt worden.

Fazit

Die Messlatte für die Sorgfaltspflicht im Tiefbau liegt hoch. Ein Tiefbauunternehmen sollte sich nicht auf Unterlagen und Anweisungen eines Auftraggebers verlassen. Es ist ratsam, sich als beauftragtes Tiefbauunternehmen die Informationen über den Verlauf der Leitungen dort zu verschaffen, wo die entsprechenden Unterlagen vorhanden sind: bei den zuständigen Versorgungsunternehmen.

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