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AGK-Zuschlag auch für Mehrmengen über 110%!

OLG Dresden, Urteil vom 05.09.2017 – 4 U 551/17

Preisanpassungen für Mehrmengen nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B sind mit AGK-Zuschlägen zu versehen

Der Auftragnehmer (AN) führte bei einem öffentlich ausgeschriebenen Bauvorhaben Straßenbauarbeiten an einer Bundestraße aus. Die ZVB/E StB 2011 (Zusätzliche Vertragsbedingungen für die Ausfertigung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau) wurden ergänzend zur VOB/B 2009 in den Vertrag einbezogen. Diese weichen von der VOB/B in verschiedenen Regelungen ab. Nach Leistungserbringung legt der AN am 14.11.2013 die Schlussrechnung. Am 30.01.2014 erhält er vom AG eine Schlusszahlungsmitteilung gemäß § 16 Abs. 3 VOB/B. Die Schlusszahlung geht am 10.02.2014 beim AN ein. Im August 2014 verlangt der AN eine Mengenausgleichsberechnung i. H. v. EUR 11.863,47. Der AG verweigert die Zahlung, widerspricht insbesondere der Berücksichtigung der AGK bei den Mengenmehrungen und verweist auf die Ausschlusswirkung des § 16 VOB/B. Der AN ist der Auffassung, § 16 Abs. 3 VOB/B sei nicht wirksam vereinbart worden. Das LG Leipzig spricht dem AN die Klageforderung gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B zu, allerdings reduziert um die in den Nachträgen enthaltenen Deckungsbeiträge und damit nur in Höhe von auf EUR 9.018,30. Der AG wehrt sich mit der Berufung vor dem OLG Dresden.

Ohne Erfolg! Die Nachforderung des AN sei nicht gemäß § 16 Nr. 3 VOB/B 2009 ausgeschlossen. Die ZBV/E StB 2011 weiche von der VOB/B 2009 ab, sodass diese nicht als Ganzes vereinbart worden und einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB zugänglich sei. § 16 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B halte den Maßstäben einer Inhaltskontrolle nicht stand. Der AN werde entgegen den Geboten von Treu und Glauben gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligt. Weiter berücksichtige der AN den Kostenanteil der AGK für die Mengenmehrung bei der Ausgleichsberechnung nach § 2 Abs. 3 VOB/B zu Recht. AGK seien umsatzabhängig. Genauso wie bei Zusatzaufträgen müssten sie daher bei Mengenmehrungen beaufschlagt werden. Die Produktionsfaktoren des Betriebs würden auch für die zusätzliche Leistungserbringung eingesetzt und müssten insoweit auch Deckungsbeiträge erbringen. Ansonsten könnten sie für eine anderweitige Leistungserbringung zur Verfügung stehen und dafür eingesetzt werden (OLG Nürnberg, Urteil vom 18.12.2002 – 4 U 2049/02). Das Argument des AG, es handle sich bei AGK um einen für die Vergangenheit ermittelten Posten, der im laufenden Geschäftsjahr einen abgeschlossenen und fixen Posten darstellen würde, sei zwar abstrakt richtig. Dies erfordere jedoch, dass die geplanten Leistungen aller Bauprojekte immer in dieser konkreten Abrechnungsperiode vollständig erbracht werden. Werde nur ein Teil des geplanten Deckungsumfangs für die AGK später oder nicht erbracht, entstehe insoweit ein Verlust, der dem AN in entsprechender Anwendung von § 649 BGB erspart werden solle. Die Annahme, die Leistungserbringung und somit auch die Deckung für AGK würde sich im Folgejahr ausgleichen, lasse unberücksichtigt, dass dies auf die ursprüngliche Preiskalkulation des konkreten Bauvorhabens keinen Einfluss mehr habe.

Fazit:

Die Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend. Nach der herrschenden Literaturansicht kann der AGK-Zuschlag für geänderte oder zusätzliche Leistungen ohne besonderen Nachweis verlangt werden (Kapellmann/Messerschmidt-Kapellmann, VOB Teile A und B, 4. Auflage 2013, § 2 VOB/B, Rn. 223). Entsprechendes gilt für Mengenmehrungen. Zwar entstehen AGK im Wesentlichen zeitabhängig, so etwa die Kosten für die Geschäftsraummiete oder die Geschäftsleitung. Sie werden jedoch über den Umsatz realisiert und daher im Wege der sogenannten Zuschlagskalkulation umsatzbezogen kalkuliert. Hierfür prognostiziert der AN die jährlich entstehenden AGK auf der Basis der in den Vorjahren entstandenen AGK für das Folgejahr. Die so ermittelten, zu erwartenden AGK werden prozentual auf den ebenfalls geplanten Umsatz umgelegt und so der Zuschlagssatz ermittelt, der für die Kalkulation der einzelnen Bauvorhaben in Ansatz gebracht wird. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass für eine zusätzliche Leistungserbringung nicht zwangsläufig zusätzliche AGK entstehen, es sei denn, dass sich hierdurch die Bauzeit verlängert. Demgegenüber entgeht dem Auftragnehmer ein geplanter, notwendiger Deckungsbeitrag für AGK, wenn der kalkulierte Umsatz nicht innerhalb der ebenfalls der Kalkulation zu Grunde gelegten Bauzeit erlöst wird. Da allerdings die AGK umsatzabhängig kalkuliert werden, kann auch die auf Basis der Kalkulation zu ermittelnde Vergütung für geänderte und zusätzliche Leistungen ebenso wie für Mehrmengen mit dem kalkulierten Zuschlagssatz bezuschlagt werden.

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